■ Die Bundeswehr soll in Bosnien auch mitkämpfen dürfen
: Rühes Ifor-Pläne nützen niemandem

Lange wollte niemand etwas von einer Verlängerung des Ifor-Mandats wissen. Aus gutem Grund, denn die Fristen des Dayton-Abkommens setzten bewußt alle Beteiligten unter Erfolgsdruck, der bei jeder Verlängerung nachlassen muß. Die vorgesehene Verlängerung des Truppeneinsatzes in Bosnien spiegelt also eine Niederlage. Vor allem die Umsetzung des zivilen Teiles von Dayton geht nur schleppend voran. Kürzlich wurden die Kommunalwahlen verschoben. Und auch bei der politischen Konsolidierung der Föderation, der Wiederaufbauhilfe und (eng verbunden damit) der Flüchtlingsrückführung bestehen gravierende Rückstände. Eine verlängerte militärische Absicherung der zivilen Aufgaben von Dayton scheint unabweisbar. Niemand will das Risiko eingehen, den höchstkomplizierten Friedensprozeß zu gefährden.

Insofern erscheint es logisch, daß auch die Bundesrepublik ihre bisherige militärische Unterstützung für Ifor fortsetzt. Verteidigungsminister Rühe verfolgt aber ein anderes Ziel, das er aus den Erfordernissen vor Ort nicht begründen kann. Es gibt keinen Grund, an den Aufgaben des Bundeswehreinsatzes jetzt, in der verlängerten Schlußphase des Mandates, irgend etwas zu ändern. Schließlich ist die Bundesregierung bisher auch nicht müde geworden, die Success-Story Ifor, einschließlich des bisher reibungslosen deutschen Beitrages, mit Lob und Eigenlob zu feiern. Wenn Rühe jetzt ein Mandat will, das Kampfaufträge einschließt, dann kann er sich nicht auf die Lage in Bosnien-Herzegowina berufen. Das zähe Ringen mit den Engländern um die Stabschefposition belegt, daß es sich eher um ein abstraktes Prestigepoker handelt, innenpolitisch verlängert durch das ewige Rühe-Ziel, Bundeswehrsoldaten endlich einmal „normal“ in internationale Kampfeinsätze schicken zu können. Zu erwarten ist deshalb im Bundestag, wo jedes neue Mandat eine Mehrheit finden muß, eine unwürdige Aufführung: Eigentlich müßte der zivile Friedensprozeß in Bosnien gestützt werden, damit Ifor auslaufen kann. Statt dessen wird es zu einem politischen Scharmützel kommen, bei dem die Menschen in Exjugoslawien für Argumente herhalten müssen, die mit ihnen nichts zu tun haben. Rühe will nicht die Fortsetzung des mühsamen Ifor-Konsenses im Deutschen Bundestag – er provoziert die Fortsetzung einer Grundsatzauseinandersetzung an einem ungeeigneten Objekt. Damit wird er niemandem nützen. Gernot Erler

Der Autor ist für die SPD im Verteidigungsausschuß des Bundestages