Blauhelme in mißbräuchlicher Mission

■ In Mosambik hielten sich UN-Soldaten zwölfjährige Mädchen als Sexsklavinnen – mit Wissen der Offiziere

Stockholm (taz) – UN-Personal in Mosambik hat in den Jahren 1993 bis 1995 in großem Umfang Kinder sexuell mißbraucht. Das berichtete gestern im Rahmen des Weltkongresses gegen den sexuellen Mißbrauch von Kindern die angesehene norwegische Kinderhilfsorganisation Rädd Barna (Rettet die Kinder).

In aller Öffentlichkeit, so berichtet Rädd Barna, hätten uniformierte UN-Soldaten mosambikanische Kinder angesprochen und mitgenommen, ohne daß seitens der Offiziere oder von irgendeiner anderen Seite dagegen vorgegangen worden wäre. Zwölfjährige Mädchen seien von Soldaten dazu veranlaßt worden, den Schulbesuch abzubrechen und statt dessen als bezahlte Sexsklavinnen für sie „Dienst“ zu tun.

Laut Rädd Barna habe man zahlreiche Beweise für solche Übergriffe. Pressesprecher Lars Grönseth von Rädd Barna: „Viele Kinder wurden gefilmt und tauchten später als Darsteller in Pornofilmen auf. Sie wurden veranlaßt, in Pornoshows für die Soldaten öffentlich aufzutreten und sich dort zu prostituieren.“

Sexuelle Übergriffe von UN- Soldaten sind für Lars Grönseth nichts Neues – das Problem sei durchaus nicht unbekannt, sagt er. Doch im Falle der jetzt von seiner Organisation vorgelegten Dokumentation über den Mosambikeinsatz habe man „erstmals reiches Beweismaterial sammeln können, daß UN-Soldaten in ihren Stationierungsgebieten Kinder sexuell mißbrauchen“. Ähnliches sei im Rahmen friedenserhaltender UN- Einsätze in Angola und Kambodscha passiert.

Die Tatsache, daß es in Angola solche Übergriffe gegeben habe, bestätigt Angolas Außenminister Paulo Tjipilica in Stockholm gegenüber der taz: „Zu den Truppen, von denen ein systematischer sexueller Mißbrauch von Kindern in Angola ausgeht, gehört das Militär, die Polizei, UN-Soldaten und von staatlichen wie privaten Organisationen entsandte Entwicklungshelfer.“

Es sei paradox, so Lars Grönseth, daß ausgerechnet die Soldaten, die zur Friedensbewahrung in ein Land geschickt würden, dort systematisch gegen die UN-Kinderrechtskonvention verstoßen würden: „Die Vereinten Nationen müssen dieses Problem endlich ernst nehmen und die Soldaten besser schulen und überwachen lassen. Übergriffe müssen verfolgt und bestraft werden. Jetzt werden ganz einfach die Augen davor verschlossen.“

Der Bericht von Rädd Barna erwähnt in erster Linie italienische Soldaten als Täter. Erst als die Situation der sich offen kleine Mädchen als Sexsklavinnen haltenden Truppe unhaltbar geworden war, habe Rom das gesamte Kontingent nach Hause gerufen. Offiziell aus „ökonomischen Gründen“. Nach Kenntnis der Organisation sei kein einziger der militärischen Kindesmißbraucher angeklagt oder verurteilt worden. Viele der mißbrauchten Kinder seien auf Dauer auf dem „Sexmarkt“ gelandet. Reinhard Wolff