„Wenn Spock stirbt, stirbst auch Du!“

„Star Trek“ wird 30. Ein Anlaß für Berliner „Trekkies“, sich im Kino vierzehn Stunden Zukunft von gestern reinzuziehen. Eine „Convention“ verspricht Hilfe gegen die Einsamkeit des Fans  ■ Von Gudrun Holz

Als der ehemalige Bomberpilot und Mitarbeiter des L.A. Police Department, Gene Roddenberry, im Oktober 1964 mit den Vorbereitungen zu „The Cage“ – dem Pilotfilm zur „Star-Trek“-Serie – begann, konnte er nicht ahnen, welchen Kult er stiften würde. Gedauert hat's außerdem. Erst am 8. September 1966 startete die „Enterprise“ zu ihrem Jungfernflug, zur abendlichen Prime time, aber als No-name-Produkt in Konkurenz zu mehreren erfolgreichen Sitcoms auf anderen Kanälen.

Die Reaktion der Fernsehanstralt NBC war denn auch alles andere als positiv. Sowohl die Vorstellung einer Raumschiffbesatzung mit hohem Frauenanteil als auch ihre Zusammensetzung aus Mitgliedern verschiedener Rassen und Herkunft war den Machern der damaligen Programme nicht gerade genehm.

Erst zahlreiche Staffeln später erschien Nichelle Nichols am Set, als erste schwarze Erdenfrau der Sternenflotte. Als sie sich mit Ausstiegsgedanken trug, soll der scharze Bürgerrechtler Martin Luther King ihr zum Bleiben geraten haben. Allerdings brauchte es bis in die Neunziger und zur „Voyager“, bis ein weiblicher Kapitän die Geschicke des Raumschiffs lenken durfte.

Die ersten Drehbuchversionen verzeichneten neben Captain James T. Kirk, dem komandoführenden Heißsporn und intergalaktischen Playboy, auch bereits Mr. Spock, den Halb-Vulkanier und Sarkasmen verschleudernden Logiker mit spitzen Kultohren. Auch von Anfang an dabei: Klingonen, jene wikingerartigen Stirnrunzler, die nicht minder kriegerischen Romulaner sowie der berüchtigte rote bzw. gelbe Alarm, den diese häufig provozieren. Militärisch korrekt der Ton, durchsetzt von wirrem Pseudotechnikgeschwafel, auf einer Kommandobrücke ohne Airbag und Sicherheitsgurte – soweit das richtungweisende Ambiente.

Erst zirka ein Jahrzehnt nach dem Start der Serie – inzwischen ein amerikanisches Heiligtum über TV und Leinwand hinaus – schien Roddenberrys Version einer galaxienübergreifenden Union der Gerechten und Wohlmeinenden, wenn auch angelehnt an das eher unzimperliche amerikanische Pionierwesen, wenigstens reif für die Gegenwart zu sein. Obwohl die Serie schon 1969 wieder abgesetzt wurde und erst 1979 mit dem ersten von insgesamt sieben Spielfilmen begonnen wurde, stieg die Anhängerschaft der Serie dynamisch, sozusagen mit Wharp- Antrieb.

Ab 1972 gründeten sich die ersten Fan-Clubs, die nicht nur Fanzines herausgaben, sondern auch mit Mail-Aktionen den Flug der Enterprise zu beeinflussen suchten. Spektakulärstes Beispiel dafür war die Kampagne gegen den Serien-Tod von Spock in „Star-Trek II – The Wrath of Khan“. Ein Drohbrief an Regisseur Nicholas Meyer orakelte düster: „Wenn Spock stirbt, stirbst auch Du!“ Leonard Nimoy, das Spitzohr selbst, hat denn auch für die sich selbst als „Trekker“ oder „Trekkies“ bezeichnenden Trekmaniaks den im Gegensatz zum „Fan“ weitaus subtileren Begriff „Follower“ geprägt. Alle paar Jahre trifft sich diese Trekkie-Gemeinde zu „Conventions“, meint: Versammlungen zum Filmegucken, gemeinsamen Modellbauen und Absingen „geselliger Lieder“ (O-Ton Convention) aus dem Soundtrack. Kostümwettbewerbe und Auftritte von Serienstars vervollständigen das Ganze.

Dieses Jahr hat die Serie, die einen langen Weg von der Science- fiction-Reihe mit gesellschaftspolitisch relevanter Message über die unterhaltsam modernisierte „Next Generation“-Staffel bis zur aktuellen, mehr fad-hypertechnischen als fantastischen „Voyager“-Mission zurückgelegt hat, 30jähriges Jubiläum. Aus diesem Anlaß zeigt der Royal Palast am heutigen Samstag sämtliche „Star-Trek“-Filme (1–7) in einem 14stündigen Marathon – mit Imbiß um Mitternacht.

Nach 200 Episoden „Next Generation“ und drei Staffeln von „Deep Space Nine“ lohnt sich der Rückblick auf die Urbesetzung der Serie – die Zukunft von Gestern also. Anfang September dann die besagte Convention, in Anwesenheit von Marina Siritis, Darstellerin von Deanna Troi, der telepathischen Seelenklempnerin an Bord.

Die große „Star-Trek“-Nacht heute, 18 Uhr, Royal Palast, Ku'damm, Einheitspreis: 47 DM. Die „Convention“ zum 30. Geburtstag von „Star Trek“: 6.–8. September im Hotel Estrel, Süd-Neukölln. Weitere Infos unter 2611776