Erdgas von der Tanke

■ Erste öffentliche Erdgastankstelle eröffnet. Bislang nur wenige Fahrzeuge mit Erdgas im Einsatz. Kritik an BVG

Der dunkelgrüne 5er-BMW ist vollgetankt. Die Tanksäule zeigt einen Betrag von 12,24 Mark und die Abgabe von rund neun Kilogramm Kraftstoff an. Was Umweltsenator Peter Strieder (SPD) gerade getankt hat, ist Erdgas und die Tankstelle ist die erste ihrer Art. Die Gaswerke Gasag hatten dem Senator den BMW vor einiger Zeit zum Probefahren zur Verfügung gestellt.

Zur Eröffnung der ersten öffentlichen Gastankstelle kam gestern neben dem Umweltsenator und Vertretern der Gasag auch Peter Tietz in die Charlottenburger Gaußstraße. Tietz ist bislang der einzige Taxifahrer in Berlin, der einen Wagen fährt, der auch mit Erdgas betrieben werden kann. Wenn es nach dem Umweltsenator und den Gaswerken geht, sollen es bald mehr werden, denn mit Erdgas betriebene Fahrzeuge blasen wesentlich weniger Abgase in die Luft als Benzin- oder Dieselfahrzeuge. Die Gasag will kurzfristig vier Gastankstellen einrichten, bis 1998 sollen es zehn sein. Einer der Nachteile von Erdgasfahrzeugen – neben dem höheren Anschaffungspreis – ist, daß man mit einer Tankfüllung nicht sehr weit kommt: Peter Tietz, der seinen Wagen auf dem Taxiball gewonnen hat, erzählt, daß eine Füllung meist nur für 130 bis maximal 200 Kilometer reiche, dann schalte sein BMW 518 auf den zusätzlichen Benzintank um. Die Gasag spricht dagegen von 250 Kilometern Reichweite.

Die Gasag selbst hat zur Zeit 40 Fahrzeuge in ihrer Flotte, die mit dem hauseigenen Produkt betrieben werden. Die 400 anderen Fahrzeuge sollten in den nächsten zwei Jahren umgestellt werden. Die Umstellung vor allem der Lkw-Flotten, die ständig in der Stadt im Einsatz sind, sei „aus Sicht der Luftreinhaltung und der Lärmminderung unverzichtbar“, so der Umweltsenator. Kein anderer Treibstoff sei „in der Gesamtbilanz ähnlich emissionsmindernd“. Strieder kritisierte in diesem Zusammenhang die BVG, die sich in der Vergangenheit an Förderprogrammen für den Erdgasbetrieb „nicht interessiert gezeigt“ hätte. „Insgesamt 8,6 Millionen Mark Fördermittel sind Berlin deshalb schon verlorengegangen“. BVG- Pressesprecher Klaus Wazlak meinte dazu gegenüber der taz, die BVG sperre sich „nicht grundsätzlich“ gegen die Umstellung auf Erdgas, „wenn das Land die entstehenden Mehrkosten übernehmen würde“. Vorbehalte gebe es aber wegen des geringen „Radius“ im Gasbetrieb. Man könne mit Fahrzeugen, die der Euro-II-Norm entsprächen, bis auf den Rußausstoß „ähnlich gute Abgaswerte erzielen“, behauptete der BVG- Sprecher.

Lars Mönch vom Umweltbundesamt (UBA) meinte dazu auf Anfrage: „Das stimmt einfach nicht.“ Der Ausstoß etwa von Stickstoffoxid liege bei Erdgasbetrieb 70 und 80 Prozent unter dem von Euro-II-Dieselfahrzeugen. Das Ozonbildungspotential (Ozon ist für den sogenannten Sommersmog verantwortlich) sei um etwa 80 Prozent niedriger. Von der BVG sei das Umweltbundesamt im übrigen „sehr enttäuscht“. Christian Meseth