Solarfabrik mit Hand und Fuß

■ Solartechnik - aus deutschen Landen, frisch aufs Dach. In Freiburg sollen Module produziert werden

So sieht also ein Hoffnungsträger aus: Ein gestandenes Mannsbild ist der Salvamoser Schorsch, zupackend, hemdsärmlig, Oberbayer von Geburt – was die bayerische Sprachmelodie unüberhörbar verrät. Ein Typ, der jede Weißbierreklame glaubhaft verkörpern könnte. Bier will Georg Salvamoser, längst in Baden-Württemberg heimisch geworden, gar nicht verkaufen, eine konzernunabhängige Solarfabrik in Freiburg will er bauen. Daß in dieser Fabrik keine Zellen hergestellt werden sollen, sondern Solarmodule, wird leicht übersehen.

Egal, Hauptsache, es tut sich endlich wieder etwas mit der Zukunftstechnologie am Standort Deutschland. Groß war der Aufschrei von Solarfreunden, Umweltschützern und einer Handvoll Politikern im vergangenen Jahr, als mit der Firma Angewandte Solarenergie GmbH (ASE) der letzte nennenswerte Zellenproduzent hierzulande den Umzug Richtung Boston ankündigte. Daß mit der RWE Energie AG und Daimler- Benz-Tochter Dasa nicht gerade unvermögende Unternehmen die Gesellschafteranteile hielten, machte die Sache besonders peinlich. Wolf von Fabeck, Geschäftsführer beim Solarenergie-Förderverein in Aachen, moniert: „Das ganze Gerede von zu hohen Lohnkosten und zu niedrigen Maschinenlaufzeiten, die angeblich zur Schließung von ASE geführt haben, ist verlogen, da dieser Betrieb mit einem Wasserkopf von 120 Mitarbeitern keine wirtschaftlichen Preise anbieten konnte.“

Auch Siemens-Solar, bei der mit der Bayernwerk AG ein weiterer namhafter Energieversorger ein 49-Prozent-Paket hält, hat längst zum Sprung über den großen Teich angesetzt. Die Kapazität von 20 Megawatt (MW), ein Viertel der derzeitigen Weltproduktion, läßt der Münchner Konzern – weltweit Marktführer bei der Zellenproduktion – in Kalifornien herstellen. Bei diesem Produktionstransfer ist eindeutig der deutsche Steuerzahler der Gelackmeierte. Von den knapp 750 Millionen Mark, mit denen die Bundesregierung die Photovoltaik (PV) seit 1975 förderte, gingen allein 380 Millionen Mark auf das Konto von ASE und ihrer Vorgängerfirmen. Im gleichen Zeitraum konnten sich Siemens und seine Solar-Tochter über 117 Millionen Mark aus Bonn freuen. Das Geld kann Bundesforschungsminister Jürgen Rüttgers in den Wind schreiben. Zurückfordern, mußte er im Bundestag einräumen, kann er die Gelder nicht.

Im Gegensatz zu den bundesdeutschen Energieversorgern sieht Georg Salvamoser in der Photovoltaik einen Wachstumsmarkt. Für ihn war das vor gut fünf Jahren einer der Gründe, seinen gutdotierten Job als kaufmännischer Werkleiter bei einer Fertigbaufirma zu kündigen: „Für mich gehört die Solarenergie zu den Zukunftstechnologien, bei denen es kein Vorbeikommen gibt.“

Zumindest in Freiburg gibt es seitdem kaum ein Vorbeikommen an Salvamoser auf dem Solarmarkt: Zwei Drittel der dort vorhandenen Photovoltaik-Kapazitäten hat seine Solar-Energie-Systeme GmbH auf den Dächern installiert. Der Solarunternehmer weiß, sich medienwirksam zu verkaufen, was kein Fehler fürs Geschäft ist. Seinen größten Coup landete Salvamoser in der vorletzten Fußball-Bundesliga-Saison: Auf das Dach über der Südtribüne des Dreisam-Stadions, seit dem Höhenflug des SC Freiburg unter Coach Volker Finke bundesweit bekannt, setzte der pfiffige Unternehmer ein 100 kWp-Solarkraftwerk. Wer sich an dieser Gemeinschaftsanlage mit 10.000 Mark beteiligte, bekam als Teil der Ausschüttung eine Dauerkarte für die Heimspiele im stets ausverkauften Dreisam-Stadion. Jürgen Leuchtner, Solarexperte vom Freiburger Öko-Institut: „Salvamoser versteht es, die Vision einer Solarwirtschaft glaubhaft rüberzubringen.“

Die wachsende Zahl von Aufträgen hat Salvamoser Mut für seine ,Solar-Fabrik‘, die ab Herbst mit der Serienfertigung von Solarmodulen beginnen will, gemacht. Stille Gesellschafter haben mit über fünf Millionen Mark für die finanzielle Grundausstattung gesorgt.

Um nicht auf der angestrebten Jahresproduktion von 5 MW sitzenzubleiben, hat Salvamoser vorgesorgt: Eine nahezu vollautomatische Produktionslinie soll die bislang üblichen Herstellungskosten um bis zu 30 Prozent senken. Anbieten will Salvamoser dann leicht montierbare Standardgrößen, um die Produktions- und Lagerkosten zu senken. Über innovative Vertriebswege, wie den Elektrogroßhandel, Versandhäuser oder Baumärkte, plant der Solarunternehmer erstmals, neue Kunden zu gewinnen. Mitte September will Salvamoser seine Pläne der Öffentlichkeit vorstellen. Für Armin Räuber vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg haben Salvamosers Pläne „Hand und Fuß“.

Bleibt die Frage, wie lange Georg Salvamoser die Zellen für seine Module noch im Ausland kaufen muß. In Erfurt, Rositz, Wernigerode oder Konstanz haben mittelständische Unternehmer eine Zellenproduktion mit bis zu 10 MW Kapazität begonnen oder wollen in Kürze beginnen.

An ganz andere Größenordnungen denkt da das Pilkington- Management in Köln. Ende September will eine Projektgruppe des Glasherstellers Pläne für eine Solarzellenfabrik mit 25 MW am Standort Gelsenkirchen vorlegen. Solarzellen aus deutschen Landen, frisch aufs Dach, kann es dann heißen.

Ralf Köpke