Jelzin unterstützt angeblich Lebeds Friedensplan

■ Der russische Sonderemissär verhandelt in Grosny über den künftigen politischen Status von Tschetschenien. Premierminister Tschernomyrdin hat noch Einwände

Moskau (taz) – Überraschende und womöglich auch erfreuliche Neuigkeiten gab es gestern aus dem Kreml. Nach Angaben des russischen Premierministers Wiktor Tschernomyrdin hat Präsident Boris Jelzin dem Friedensplan seines Sonderemissärs für Tschetschenien, Alexander Lebed, zugestimmt. Jelzin, der sich zur Zeit auf einem Regierungssitz außerhalb Moskaus erholt, hätte in einem ausführlichen Telefongespräch mit Tschernomyrdin bereits am Vortag seine Unterstützung zugesagt. „Lebed löst gerade einige Probleme in Tschetschenien“, sagte der Premierminister, „die Hauptsache ist sein Programm, das gestern mit Boris Jelzin abgestimmt wurde.“

Damit lüfteten die Verantwortlichen in Moskau zumindest ihr Schweigen in der Tschetschenienfrage, das die Öffentlichkeit erheblich irritiert hatte. Woraus der Plan im einzelnen besteht, behielt der Premier für sich. Nach einem Treffen mit Lebed und weiteren Regierungsmitgliedern am Donnerstag hatte Tschernomyrdin den Plan indes als unzureichend kritisiert: „Eine Menge an zusätzlicher Arbeit“ sei noch nötig. Was dem Premier im einzelnen mißfiel, führte er ebenfalls nicht aus.

Auch Lebed hat den Plan, der eine politische Lösung des Kaukasuskonflikts anvisiert, der Öffentlichkeit noch nicht vorgestellt. Er begründete seine Zurückhaltung damit, daß der Präsident den Bemühungen erst zustimmen müßte. Doch soviel sickerte bereits durch: Der Entwurf beinhaltet unter anderem einen Passus, der der Republik im Laufe der nächsten zehn Jahre einräumt, per Referendum über den Verbleib in der Russischen Föderation zu entscheiden.

Tschernomyrdin hatte nach seinem Treffen mit Lebed demonstrativ hervorgehoben, Tschetschenien sei und bleibe ungeachtet des Einigungsprozesses ein Subjekt der Russischen Föderation. Bei allem Gerangel geht es nicht so sehr um das künftige Schicksal der Kaukasusrepublik als vielmehr um das der politisch überambitionierten Streithähne in Moskau. Tschernomyrdin sieht sich durch Lebed um sein Thronfolgerecht geprellt.

Unterdessen reiste Lebed gestern erneut nach Tschetschenien: „Ich hoffe heute einen großen politischen Schritt zu machen und Frieden in Tschetschenien wiederherzustellen“, meinte er überaus zuversichtlich vor dem Abflug aus Moskau. Im Kaukasus trifft er mit dem Oberkommandierenden der Republik Itschkeria, Aslan Maschadow, zusammen, mit dem er bereits die militärischen Fragen verhandelt hatte. Beide Seiten haben sich bisher an die Vereinbarungen gehalten, ohne daß es zu nennenswerten Zwischenfällen gekommen wäre. Klaus-Helge Donath