piwik no script img

Weil ich' n Mädchen bin...

Viel Musik, Tanz und Workshops beim ersten Hamburger mädCHEN spektakel  ■ Von Patricia Faller

Mädchen sind längst nicht mehr leise, zurückhaltend und lieb. Sie toben und jubeln, können mindestens genauso gut Musik machen und mit der Laubsäge umgehen wie Jungs – wenn man sie nur läßt. Das bewiesen am Samstag rund 700 Mädchen und junge Frauen beim ersten Hamburger mädCHEN spektakel im Haus Drei in Altona. Einen Tag lang Musik, Tanz, Modenschau und Workshops in Jonglieren, Boxen, Stockkampf, Massage, Bauchtanz und Feuerspucken nur für Mädchen und junge Frauen.

Die Jungs vermißt Eylem nicht. Im Gegenteil. „Wenn Jungs dabeisind, vor allem wenn man sie kennt, dann ist es mir viel peinlicher zu tanzen“, erklärt die 16jährige. Zusammen mit anderen „Wilden Gören“ zwischen 13 uns 17 Jahren vom Altonaer Mädchenzentrum, zeigten sie „Ernsthaftes aus dem Theater des Lebens“: Zwei rivalisierende Mädchencliquen, die versuchen, sich in ihren Tanzkünsten zu übertrumpfen. Eisige Blicke, ein Rempeln und Schupsen und am Ende die Versöhnung: Gemeinsam Tanzen macht mehr Spaß als gegeneinander. Jubel und Beifall kommt vor allem von den jüngeren Mädchen unter den Zuschauerinnen. Sie bestürmen die Akteurinnen und wollen ein Autogramm, am besten gleich mit Kugelschreiber auf den Unterarm gekritzelt.

Auf der Bühne draußen im Garten kündigt Schauspielerin Saskia Valencia die Mädchenband Elaborate an. Die vier Girls aus Löhne sind „super aufgeregt“, wie sie sagen. „Wir sind keine Profis, wir singen, weil es uns Spaß macht“, sagt Bandmitglied Vanessa. Bisher traten sie nur im Freundeskreis auf, vor höchstens 20 Leuten. Und jetzt die vielen Menschen. Der begeisterte Applaus ist den jungen Frauen sicher, als sie die Krankheit, die man Liebeskummer nennt, besingen.

Mädchenbands aus ihren Probekellern zu holen, war das Hauptziel der Initiatorinnen aus verschiedenen Hamburger Mädchentreffs. Denn deren öffentliche Auftritte sind rar. „Während Jungs einfach ein Instrument in die Hand nehmen und drauflosspielen, ob sie das können oder nicht, haben Mädchen andere Ansprüche“, sagt die Mitorganisatorin Ellen Tonn vom Projekt „laß' 1000 Steine rollen! – Rockmusik statt Drogen“. „Sie wollen absolut perfekt sein und üben, üben, üben und fühlen sich doch nie gut genug“, ist ihre Erfahrung.

Während die zehn Mädchenbands aus dem gesamten Bundesgebiet auf der Bühne toben und ihre neugewonnenen Fans davor, bleiben einige Jungs hinterm Zaun stehen und schauen verlegen herüber. Warum die Organisatorinnen „Girls only“ eingeladen haben, begründet Heike Rupp vom Mädchentreff Schanzenviertel mit der langen pädagogischen Erfahrung bei Mitmachaktionen: „Wenn Jungs mit auf dem Gelände sind, dann ist es nicht durchsetzbar, daß Mädchen vorrangig behandelt werden.“ Der zwölfjährigen Kirsten aus Sasel ist es egal, ob Jungs dabei sind oder nicht, sagt sie, während sie zu den violetten, blauen und grünen Chiffontüchern greift, um damit zu jonglieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen