Der Bonus von Bebra

■ Von Wiglaf Droste und Gerhard Henschel

Was bisher geschah: Die taz hat den großen Wenderoman „Der Barbier von Bebra“ vorabgedruckt.

Die Nachricht vom Ende der Puhdys schlug in Greiz ein wie ein Thüringer Kloß.

„Jetzt reicht's!“ giraffte Regine Hildebrandt und bleckte das Kassengebiß, das ihr Norbert Blüm zum Geburtstag spendiert hatte. „Was lange gärt, wird endlich Wut!“ Ihre Halsschlagader nahm Gartenschlauchformat an.

„Hungermarsch auf Bonn!“ Das war der befreiende Schlachtruf, der die eben noch schockgefrosteten Volksmassen auftaute und einte. Stefanie Hertel und Borbel Bähley hatten ihn lippensynchron ausgestoßen. „Rache für alles! Nehmt euch, was ihr kriegen könnt!“

Mit dieser Parole hatten sich die beiden Amazonen vom Busbahnhof direkt an die Spitze eines Hungertrecks katapultiert, der in Richtung Westen aufbrach und sofort gewaltig anschwoll. Männer, Frauen, Kinder, Tiere und Senioren ließen alles stehen und liegen.

„Gerechtigkeit! Gerechtigkeit!“ hörte man sie grunzen. „Bür-, Bür-, Bürgerrecht! Hopp, hopp, hopp, Ellenbogengesellschaft stopp! Mäh, mäh!“ Hier und da wurden allerdings auch weniger schöne Töne laut: „Endlich Westfrauen! Quollitätswore nogeln!“

Bauern schnappten sich Forken und Sensen, pömpelten auf alten SED-Mähdreschern los und versuchten, ihre salpeternden Frauen abzuhängen. FDJ- Blusen und Kampfanzüge der NVA wurden vom Speicher geholt; reifere Semester konnten sogar im Wehrmachts- oder im SA-Dreß glänzen. Die Mitglieder des Ältestenrates von Greiz rollten geschlossen in Weltkrieg- I-Paradeuniformen an den Start.

Irgendwo bellte ein Hund.

Ein Ruf wie Donnerhall durchbrauste die fünf neuen Bundesländer. Von überallher machten sich die Erniedrigten und Beleidigten auf, um sich dem Sternmarsch auf die verhaßte Ex-Hauptstadt anzuschließen.

Die anfangs noch notdürftig aufrechterhaltene Ordnung unter den Hungermarschierern wurde schon bald durch Landsknechtsitten ersetzt. Als die Massen, darunter auch Puhdys-Fans, Zeugen Jehovas und andere Witzbolde, die alte Zonengrenze erreichten, hieß es nur noch: „Brennt den Westen nieder!“

Der rasende Mob ließ eine fünfhundert Kilometer breite Schneise der Verwüstung hinter sich. Marodierende Haufen zertrümmerten Fensterscheiben, plünderten Beate-Uhse-Shops und schändeten alles, was nicht bei drei auf den Bäumen war.

Helmstedt war bereits dem Erdboden gleichgemacht; ein Schicksal, das niemand bedauerlich fand. Fulda wurde im Handstreich genommen und leergefressen. „Glaube, Liebe, Hoffnung, unbefleckte Empfängnis, alles im Eimer!“ jammerte Bischof Dyba und biß in die brennende Altarkante. Die gesamte Bevölkerung Göttingens wurde geforkelt: „Uhri! Uhri! Komm, Frau! Ist doch alles nur Satire!“

Was war nur aus der guten, alten Bürgerrechtsbewegung von 1989 geworden?

*

Was danach geschieht:

Der Mob erreicht Bonn, und Julius Hackethal läßt Wolfgang Schäuble die Luft aus den Reifen. Im Kanzlerbunker herrscht Weltuntergangsstimmung. Aber wo steckt Lutz? Welches Opfer des Bartmörders ist im Vorabdruck unterschlagen worden? Wer gewinnt den Bürgerkrieg? Verspricht Ernst Jüngers Fronteinsatz Erfolg? Was führen Gerd Haffmans und Egon Krenz im Schilde? Und: Ist Gisela Güzel und dem Bartmörder ein Happy End beschieden?

Alle Anworten finden Sie ab sofort in der vollständigen Fassung des Romans „Der Barbier von Bebra“, Edition Nautilus, 128 Seiten, gebunden, 24,80 DM