Kirchs Einkaufsbeutel

■ Hollywood setzt auf den Münchner

Auf dem Messestand von ClubRTL löste die Nachricht Galgenhumor aus, derzeit eine gängige Währung in Bertelsmann- Häusern. „Wir machen am Montag dicht“, raunten sich die Manager zu, die auf die CeBit-Home entsandt waren, Willen und Vermögen des Bertelsmann-Konzerns darzustellen, ein eigenes Digitalangebot auf die Beine stellen zu können (siehe Bericht links).

Daß Kirch nun auch bei Disney den Zuschlag für Pay-TV-Rechte bekommen hat, macht das Ansinnen, wenn Bertelsmann es denn wirklich hat, fast unmöglich. Nur noch die 20th Century Fox fehlt Kirch nun zum Rechte-Monopol und die gehört seinem Partner Rupert Murdoch. In den letzten Monaten hatte Kirch die Bertelsmänner bei allen anderen großen Hollywoodstudios überpokert. Für Milliarden-Dollar-Beträge sicherte er sich die Pay-TV-Rechte für die Produktionen der Studios über lange Zeiträume – bei Disney für zehn Jahre. Mindestens eine Milliarde Dollar sind das für Disney, vermuten Branchenkenner.

Der Konzern ist dafür bekannt, daß er seine Partner genau aussucht und Verträge nicht eben zu seinem Nachteil schließt. Bei Kirchs Bezahl-TV DF1 haben sich die Manager einen eigenen „Disney-Channel“ zusichern lassen. Disney/ABC-Vorstandschef Herbert A. Granath sprach von einem „großartigen Auftakt für die Geschäftsbeziehungen zwischen Kirch-Gruppe und Disney/ABC“.

Der Schock bei Bertelsmann, wo man die Bedeutung des Deals öffentlich herunterzuspielen sucht, ist verständlich. Schließlich hatte Disney in Europa bislang auf die luxemburgische CLT gesetzt, mit der Bertelsmanns TV-Tochter Ufa fusionieren wird. CLT und indirekt Bertelsmann hatten Disney bei den Sendern RTL2 und SuperRTL Hilfe geleistet, auf den deutschen Markt zu kommen, in der Hoffnung, im Gegenzug einst das Vorkaufsrecht für Disneys Filme zu bekommen. SuperRTL sollte zum Pay-TV „Disney Channel“ werden, sowie sich das lohnt. Den hat nun Kirch.

Verfügung über Programmaterial heißt die Macht auf dem Medienmarkt der Zukunft: Programme, nicht Sender werden Mangelware sein. Die Bertelsmänner haben nicht nur damit zu kämpfen, daß Kirch beim Pay-TV alles wegkauft, auch damit, daß sein Poker die Preise, auch für werbefinanziertes TV, in die Höhe treibt.

Ungewiß ist, wie der TV-Mogul seine Einkäufe bezahlen wird. Bis zu zehn Milliarden Mark, sagen vorsichtige Schätzungen, werde er in drei Jahren in Hollywood auf den Tisch legen müssen. Dabei ist noch nicht einmal klar, ob er bis dahin die den Studios garantierten Abonnentenzahlen zusammenkriegt. Doch bislang haben Kirch und seine Finanziers, darunter der Schweizer Multimilliardär Otto Beisheim (Metro-Gruppe), noch jedes Pokerspiel gewonnen. Lutz Meier