Kritik an Tarifkündigung

■ IG Bau lehnt Kündigung der Ost- Tarifverträge als „absolutes Novum“ ab

Hamburg (dpa) – Führende Gewerkschafter haben am Wochenende die fristlose Kündigung der Tarifverträge für die Bauindustrie in den neuen Ländern aufs schärfste verurteilt. IG-Bau-Chef Klaus Wiesehügel kritisierte den Schritt der Arbeitgeber als „absolutes Novum in Deutschland“. Ein Verzicht auf die tariflich vereinbarte Lohnerhöhung werde keinen einzigen Betrieb vor dem Konkurs bewahren.

Die stellvertretende Vorsitzende des DGB, Ursula Engelen- Kefer, warf den Arbeitgebern vor, mit dem Bruch von Tarifverträgen „die gesamte Ordnung der Arbeitnehmer-Arbeitgeber- Beziehungen in Frage zu stellen“ und „auf breiter Front“ einen Angriff auf grundgesetzlich geschützte Rechte der Arbeitnehmer zu führen. Sie warnte vor einer Verschärfung des sozialen Klimas in Deutschland. „Keiner wird dabei gewinnen, alle werden verlieren“, sagte Engelen- Kefer im Saarländischen Rundfunk. Der Vorsitzende der CDU- Sozialausschüsse, Rainer Eppelmann, sagte, es sei zu befürchten, daß nun auch in anderen Bereichen Tarifverträge aufgekündigt werden. „Ich bedaure es, daß ein Vertrag aufgekündigt wurde, ohne zuerst mit dem Tarifpartner Verhandlungen versucht zu haben“, erklärte Eppelmann. Er verstehe die komplizierte Situation der Bauunternehmen in den neuen Ländern, aber beide Seiten müßten eine Lösung finden und damit zum Erhalt der Tarifautonomie beitragen.

Die Bau-Arbeitgeber wollen mit der Kündigung des Tarifvertrags verhindern, daß die Ostlöhne nach dem vereinbarten Stufenplan an Westniveau angepaßt werden und die Lohnerhöhung von 1,85 Prozent zum 1. September in Kraft tritt. In der Bauindustrie der neuen Länder arbeiten rund 400.000 Beschäftigte.