Grandhotel der gebrochenen Herzen

■ Pet Halmens Interpretation von Mozarts „Don Giovanni“ wirkt eher unelegant

Leuchtend weiß thront die hellenistische Marmorstatue vom „Schlafenden Faun“ über dem Billardtisch. Daneben das ernste Portrait eines Herrn in Schwarz, noch riesiger. Noch einen Rezeptionstisch an den rechten Rand der Bühne gestellt – und schon steht der äußere Rahmen einer Hotellobby wuchtig über dem fein-ironisch gesponnenen dramma giocoso Don Giovanni von Mozart. Pet Halmens Inszenierung, unter der musikalischen Leitung von Bernhard Klee, hatte am Sonntag in der Hamburger Staatsoper Premiere.

In ein Nobelhotel verlagert, läßt sich der Handlungsstrang zügig und unvermittelt durchziehen. Abwechselnd in der Hotellobby und in einem Flur, der auch leuchtendweiß, aber diesmal klassizistisch ist, lauert Don Giovanni den Frauen auf: Donna Elvira als beige-betuchter blonder Vamp mit Sonnenbrille, die er nach einem Eheversprechen verlassen hat, die unschuldige Braut Zerlina, die er dem Bräutigam entreißen will, die trauernde Verflossene Anna, deren Vater er umgebracht hat.

In die filigranen Verflechtungen des Librettisten pflanzt Regisseur Halmen knorrige Gagversuche: Ein knallrotes Plüschschlafzimmer mit Spiegeldecke platzt in das zauberhafte Duettino „Reich mir die Hand, mein Leben“ von Don Giovanni und Zerlina. Auch die tragikomische Süße des Schlußsextetts verwandelt sich: Donna Elvira – die nach ihrem Scheitern an Don Giovanni singt, sie ginge ins Kloster – als Supervamp aufzupolieren, schmeckt herb nach gewollter Originalität. Und die berühmte Champagnerarie des Don Giovanni, die Bo Skovhus mit Wendigkeit und Feuer singt, krümmt sich in der Szene zusammen: Der Held schleudert von Dienern gereichte Servietten durch die Luft.

Über diesen klobigen Bau erhebt sich zart gewirkt die musikalische Umsetzung. Brausende Crescendi, weiche Girlanden, präzise Kontraste des Orchesters, dirigiert von Bernhard Klee, stützten die Solisten. Mit Charisma und Kraft in Spiel und Stimme beeindruckte der Däne Bo Skovhus als Don Giovanni. Passend zum Charakter sang Gabriele Rossmanith einen schneidend-klaren Sopran der Zerlina, Alain Titus einen würdigen Part des Leporello. Stimmliche Glanzlichter waren Simon Yang als Komtur, der in seinen beiden Arien mit ungewöhnlichem Volumen und Klangtiefe glänzte, Luba Orgonasova als Donna Anna mit ihrer weichen Galanz und Geschmeidigkeit.

Die Mozartsche Seide wurde herrlich bemalt – aber eben unsensibel gerahmt. Katrin Seibold

B-Premiere am 4. September