+1% Wachstum = (– 2 % Jobs) +10 % Arbeitslose

■ Hamburgs Industire schrumpft / Dienstleistungs-Yuppies ersetzen nicht alle Malocher

Die trockenen Zahlen sprechen eine klare Sprache: Trotz eines Wirtschaftswachstums von noch einem Prozent im ersten Halbjahr 1996 – immerhin das Doppelte des dürftigen Bundesdurchschnitts von plus 0,5 Prozent – brachen in Hamburg im gleichen Zeitraum knapp 15.000 Arbeitsplätze weg und stieg die Arbeitslosenzahl um satte 10 Prozent. Die Tragik in Hamburgs aktueller Wirtschaftsgleichung lautet: Plus ein Prozent Wachstum bedeutet minus zwei Prozent Arbeitsplätze und plus zehn Prozent Arbeitslose.

Licht am Ende des Tunnels ist nicht zu sehen, wie Landesbankchef Werner Schulz gestern bei der Vorlage der Studie „Hamburgs Wirtschaft im ersten Halbjahr 1996“ bekümmert zu Protokoll gab: „Wenn sich, wie wir hoffen, das Wachstum 1997 auf mehr als zwei Prozent beschleunigt, werden die Arbeitslosenzahlen dann hoffentlich tendenziell nicht weiter steigen.“

Der Abwärtstrend bei den Arbeitsplätzen fußt auf einer komplexen Mixtur aus Betriebsschließungen, Rationalisierung und städtischem Sparkurs. Obwohl der Dienstleistungssektor weiter kräftig expandiert – um satte drei bis sieben Prozent in den Boombereichen „sonstige Dienstleistungen“, Telekommunikation und Finanzdienstleistungen – kann er die Verluste im industriellen Bereich nicht wett machen. Die Industrie brachte es am 31. Juni 1996 gerade noch auf knapp 20 Prozent der Hamburger Wirtschaftsleistung. Zum Vergleich: Allein die „sonstigen Dienstleistungen“, darunter Werbeagenturen, Consultingbüros und Medienwirtschaft, stehen heute für 38 Prozent der Wirtschaftskraft im Stadtstaat.

Strukturwandel und Globalisierung, so zeigt die Studie der Landesbank, überlagern sich in fataler Weise: Selbst in Industriesektoren, die der Senat päppelt, weil sie den Wegfall alter Industrien ausgleichen sollen – wie etwa die Airbusproduktion in Finkenwerder – schwinden die Arbeitsplätze trotz prallgefüllter Auftragsbücher. Und auch im Dienstleistungssektor bedeuten steigende Umsätze schon lange nicht mehr steigende Mitarbeiterzahlen.

Was tun? Werner Schulz wartet auf „zukunftsweisende Konzepte der Wirtschaftspolitik“ und hofft, daß nach der Wahl 1997 Hamburgs Anstrengungen in Sachen „vierte Elbtunnelröhre, Elbvertiefung und Hafenerweiterung nicht durch eine neue politische Konstellation blockiert werden.“ Florian Marten