Renovierter Taugenichts

■ RTL zeigt den kompletten "Detektiv Rockford", ab heute werktags um 13.00 Uhr

Wer von den Rockford-Fällen spricht, darf die Westernserie „Maverick“ nicht verschweigen. Nämliche entstand in einer Periode, in der Viehtreiber, Revolverhelden und Waldläufer die Serienlandschaft beherrschten. Dem Produzenten Roy Huggins jedoch behagte das gängige Schema nicht. Er entwarf einen Westernhelden neuen Typs: Bret Maverick war ein charmanter Taugenichts und arbeitsscheuer Filou, stets großmäulig flachsend, nahm aber ruck, zuck Reißaus, sobald gewalttätige Auseinandersetzungen drohten. In „Maverick“ wurden die gängigen Westernklischees umgekrempelt und zielgenau verulkt; einige Episoden parodierten zeitgenössische Publikumserfolge wie „Rauchende Colts“, „Dragnet“ und „Bonanza“. In James Garner, einem noch unbekannten Vertragsschauspieler der Warner Brother's Studios, fand Huggins einen Darsteller, der genügend Selbstironie und komödiantisches Talent mitbrachte und obendrein willens war, sich auf die von der handelsüblichen Westernnorm gehörig abweichende übermütige Travestie einzulassen.

Als „Maverick“ erlangte Garner einen hohen Bekanntheitsgrad, der ihm zu einer passablen Karriere als Kinostar verhalf. Erst 1971 wandte er sich wieder dem Fernsehen zu und produzierte mit seiner eigenen Firma die Westernserie „Nichols“. Die blieb erfolglos, wurde aber quasi zum Bindeglied zwischen „Maverick“ und „Detektiv Rockford: Anruf genügt“. Nach dem Vorbilde Mavericks war auch Rockford ein durchtriebener Hasardeur und Schwerenöter, der dem Pazifismus anhing und konsequenterweise niemals eine Waffe mit sich führte. Ebenso wie sein Vorfahre im Westerndreß gehörte Jim Rockford zur Gilde der Spiegelfechter und Roßtäuscher und operierte vorzugsweise mit gefälschten Identitäten. Behufs dessen trug er stets ein gut gemischtes Blatt vielfältiger Visitenkarten mit sich herum. Sogar mit Knasterfahrungen konnte er aufwarten – er verbrachte fünf Jahre in San Quentin für einen Bankraub, den er freilich nicht begangen hatte.

Seit seiner Begnadigung haust Rockford in einem Mobilheim am Strand von Malibu und hält sich mühsam als Privatdetektiv über Wasser. Ein Anrufbeantworter ersetzt ihm die Sekretärin; obligatorisch beginnt jede Episode mit dem Klingeln des Telefons und dem Rapport: „Hier Jim Rockford. Bitte Ihren Namen, Rufnummer und Ihre Nachricht. Ich rufe zurück.“ Statt eines lukrativen Auftrags speichert das geduldige Gerät im Regelfall schlechte Nachrichten nach Art der folgenden: „Hier ist der Globe-Verlag. Wir danken Ihnen für Ihren ausführlichen Brief. Die restlichen 29 Bände sind jedoch bereits an Sie abgegangen. Die Rechnung liegt bei.“

Nachdem er bereits bei verschiedenen Sendeanstalten in Diensten stand, wird Rockford ab sofort für RTL tätig. Der Kölner Sender annonciert die Ausstrahlung sämtlicher 123 Folgen, darunter 58, die bislang in Deutschland nicht zu sehen waren und teils recht originelle Varianten des Serienschemas aufweisen oder aber Rockfords Beziehungen zu Freunden, Frauen und Verwandten zum Thema haben. Das Filmmaterial wurde per Computer überarbeitet, die Synchronisation, wo nötig, nachgebessert. Zudem gab RTL bekannt, die Serie in der korrekten Reihenfolge ausstrahlen zu wollen. Das aber hatte man anläßlich der Wiederaufnahme von „Miami Vice“ schon mal leichtfertig versprochen. Im Laufe der Zeit muß das Vorhaben dann aber irgendwie in Vergessenheit geraten sein. Harald Keller