Schärfere Umweltgesetze als Basis für den Boom

■ Die Berliner Bruno Lange GmbH ist Marktführer bei Meßtechnik für Wassergifte

Berlin (taz) – Der alte Herr war ein berühmter Mann. 1931 entwickelte Firmengründer Bruno Lange in einer Villa im Berliner Nobelvorort Dahlem die technische Basis der modernen Solartechnik. Zum erstenmal baute er ein Halbleitermaterial in eine Fotozelle ein. Dem Sonnenlicht ausgesetzt, stieg die Stromausbeute der frühen Solarzelle im Vergleich zu Vorgängermodellen um das 50fache.

65 Jahre später ist der Patentschutz für die geniale Erfindung zwar erloschen. Trotzdem stellt die Idee noch eine Grundlage des wirtschaftlichen Erfolgs der Berliner Firma Bruno Lange GmbH dar. In der Umweltanalytik nutzt man den fototechnischen Effekt, um den Giftgehalt von Trink- und Abwasser zu untersuchen. „In einigen Segmenten der Trinkwasser- und Abwasseranalyse sind wir heute bundesdeutscher Martkführer“, sagt Gründersohn Reinhard Lange, der den Betrieb seit 1969 leitet.

Verkaufsknüller sind die sogenannten „Küvettentests“, mit denen viele Kläranlagen den Chemiegehalt ihres Wassers untersuchen. Küvetten sind kleine Reagenzgläser, die eine Nachweisflüssigkeit oder ein Gas enthalten. Füllt man das zu untersuchende Wasser hinein und läßt beides miteinander reagieren, ändert das Gemisch seine Lichtdurchlässigkeit. Wird im Meßgerät dann ein Lichtstrahl hindurchgeschickt, liefert eine Fotozelle eine bestimmte Menge Strom, die Rückschlüsse auf die Chemiekonzentration im Wasser zuläßt.

Für Kläranlagen haben die Tests und Meßgeräte entscheidende Vorteile. Am Beckenrand eingesetzt, liefern sie Ergebnisse über Nitrat- oder Phosphatgehalt oft innerhalb weniger Minuten. Vor der Einführung der Küvettentests mußten die Anlagenbetreiber ihre Proben in zentrale Labors schicken, die erst nach einigen Tagen mit Resultaten aufwarten konnten. Weiterer Vorteil der Lange-Tests: Sie sind auch noch billiger als die Untersuchungen in Großlabors.

Bis in die 70er Jahre hinein hatte die Lange GmbH vornehmlich Geräte für medizinische Analysen hergestellt. Doch als frischgebackener Nachfolger des Gründers witterte Reinhard Lange eine neue Zeit anbrechen. Die Flüsse glichen Kloaken. Auf die damals erstarkende Umweltbewegung reagierten PolitikerInnen mit ersten Umweltgesetzen, die die Einleitung von Industriegiften in das Wasser reduzieren sollten. „Ich hatte es im großen Zeh: Da erwacht ein Markt“, sagt Firmenchef Lange.

Die schärferen Umweltgesetze versprachen satten Profit durch neue Produkte. Einigen Ingenieuren in der Düsseldorfer Zweigniederlassung gab die Firma daraufhin für mehrere Jahre Geld und freie Hand. Die Entwickler krempelten die Produktpalette kurzerhand komplett um: Inzwischen erwirtschaftet die Lange GmbH 85 Prozent ihres Umsatzes mit Umweltanalyseverfahren. Der Umsatz stieg – teilweise in Sprüngen von 30 Prozent – auf 95 Millionen Mark im vergangenen Jahr. Die Zahl der Beschäftigten nahm von 450 im Jahre 1990 auf 564 in diesem Jahr zu.

Wie wichtig die politischen Rahmenbedingungen sind, mußte das Unternehmen in den vergangenen drei Jahren erfahren. Bei zwei weiterentwickelten Analyseverfahren, die Bakterien als Meßfühler einsetzen, entwickelt sich „der Umsatz sehr enttäuschend“, so Reinhard Lange. Die neuen Verfahren wurden noch nicht in die Normenvorschriften der Klärwerke aufgenommen, weshalb sie nicht zum Pflichtprogramm der Wasseranalyse gehören. Doch Reinhard Lange läßt sich nicht so leicht enttäuschen. Auch in Zukunft will er rund zehn Prozent vom Umsatz in Forschung und Entwicklung investieren. Hannes Koch