SPD: Mit Steuerreform Mittelschicht entlasten

■ Präsidium beschließt Reformkonzept, mit dem 50 Milliarden Mark umverteilt werden sollen. Unklar bleibt jedoch, welche Subventionen gestrichen werden

Bonn (taz) – Das Präsidium der SPD hat ein aufkommensneutrales Konzept zur Reform der Einkommenssteuer beschlossen. Wie der Parteivorsitzende Oskar Lafontaine gestern erläuterte, hätten Bezieher hoher Einkommen derzeit die Möglichkeit, ihren Steuersatz durch Abschreibung zu senken. Die Arbeitnehmer müßten durch die vielen Steuererhöhungen der letzten Jahre dagegen immer mehr Steuerlast tragen. Um diese Schieflage zu korrigieren, will die SPD Steuern im Volumen von 50 Milliarden Mark umverteilen. Bei der Entlastung will man sich auf die Mitte der Einkommensgruppen, die Facharbeiter, konzentrieren. Eine Senkung des Spitzensteuersatzes wurde vom Präsidium zwar auch ins Auge gefaßt, doch nannte Lafontaine keine konkrete Zahl. Er solle unter 50 Prozent liegen. Eine Präzisierung der Ziffer machte Lafontaine davon abhängig, wieviel die Gegenfinanzierung durch Abbau der steuerlichen Vergünstigungen erbringt. Die Eckpunkte der Reformvorschläge:

– eine Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrags von 12.365 Mark für Alleinstehende und 24.730 für Verheiratete auf 14.000 beziehungsweise 28.000 Mark. Das kostet, so der finanzpolitische Sprecher der SPD, Henning Voscherau, 600 Millionen Mark pro hundert Mark Aufbesserung.

– der Eingangssteuersatz soll von 25,9 auf 19,5 Prozent gesenkt werden.

– der Steuertarif soll linear-progressiv gestaltet werden.

Bundesfinanzminister Theo Waigel hatte sich am Wochenende für einen Eingangssteuersatz von 20 und einen Spitzensteuersatz von 40 Prozent ausgesprochen. Lafontaine warf ihm nun gestern vor, keine klaren Vorstellungen zur Gegenfinanzierung vorgelegt zu haben. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zu diesem Zweck schloß der SPD-Vorsitzende aus.

Zur notwendigen Finanzierung des SPD-Modells verwies er auf die Vorschläge, die die Barais- Kommission und der Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, Schleußer, gemacht haben. Barais hatte einen 85-Punkte-Katalog zum Abbau von Vergünstigungen mit einen Einsparvolumen von 40 Milliarden Mark vorgelegt. Schleußer entwarf einen ergänzenden Katalog von insgesamt 35 Milliarden Mark.

Lafontaine wollte sich nicht festlegen, welche Steuervergünstigungen er streichen will. Darüber will die SPD nun mit der Bundesregierung verhandeln – was von dieser bisher abgelehnt wurde. Nach Lafontaines Willen soll diese Einigung bereits im kommenden Jahr erzielt werden, damit die Reform zum 1.1.1998 in Kraft treten kann. Dieter Rulff

Kommentar Seite 1