Carsten Wolf schwer belastet

■ Angeklagter schweigt weiter zum Tod seiner Familie

Mit steinerner Miene sitzt Carsten Wolf auf der Anklagebank. Er trägt einen blauen Zweireiher, ein gestärktes weißes Hemd und eine gemusterte Krawatte. Die Haare sind gepflegt, der Bart frisch gestutzt. Dennoch: Carsten Wolf scheint weit weg zu sein. Den Blick starr an die Wand geheftet, zeigt der 32jährige keine Regung. Derweil erörtern der Staatsanwalt und die Richterin die Details des Todes seiner Familie.

Gefunden wurde die Leiche von Silke Wolf Ende November von zwei Spaziergängern. Bis zur Unkenntlichkeit verbrannt lag der nackte Körper in einem Waldstück bei Zeven. Mit Benzin übergossen, verbrannt und mit Reisig abgedeckt, erinnerten sich zwei Polizeibeamte gestern vor Gericht. Während sie den Leichenfund schildern, wird es still im Saal 218 des Bremer Landgerichts. Verwandte und Freunde der Erschlagenen sitzen auf den Rängen. Einige Gesichter sind haßerfüllt. Entsprechend streng ist die Kontrolle am Einlaß. Gleich drei Beamte durchwühlen Ankommende. Nachdem ein mutmaßlicher Täter vor zwei Jahren im Landgericht einem Racheakt zum Opfer gefallen ist, will die Richterin kein Risiko eingehen.

Wolf scheint sich darüber keine Gedanken zu machen. Er kapselt sich ab, erscheint wie eine Wachsfigur auf der Anklagebank. Nur einmal geht ein Ruck durch seinen Körper, verändert sich sein Antlitz. Als der Gerichtsmediziner beschreibt, in welchem Zustand sich vor allem der Kopf seiner Ehefrau befand. Identifiziert werden konnte sie nur anhand einer Kaiserschnittnarbe und ihres Zahnprofils. Das Gesicht war bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Doch schnell verfällt der angeklagte Fuhrunternehmer wieder in die gewohnte Lethargie. Wofür wohl das kurze Seilende an Silke Wolfs rechtem Knöchel war? Carsten Wolf ignoriert das Geschehen - oder nimmt es nicht wahr.

Ganz anders seine Schwägerin. Die Zwillingsschwester der Erschlagenen klammert sich an ihrem Sitz fest. Als Vertreterin der Nebenklage sitzt sie nur knapp fünf Meter von Carsten Wolf entfernt. Doch die junge Frau schaut nicht ein einziges Mal zu ihm hinüber. Auch sie starrt zu Boden und ballt die Hand zur Faust. Wird bleich, als Beamte der Spurensicherung detailliert die Suche nach ihre Nichte und ihres Neffen schildern. Aber den Saal verlassen will sie nicht. Auch nicht auf Anraten der Richterin.

So hört sie mit versteinerter Miene den Beamten zu, deren Schilderung, wie Taucher eine Alu-Kiste vom Grund des Hamburger Osterbek-Kanals bargen. Wie diese in der Gerichtsmedizin geöffnet wurde. Und wie die Kinder unter sieben Feldsteinen verborgen darin lagen. Die dreimonatige Jana mit dicken Würgemalen, der fünfjährige Florian mit weißem Bademantelgürtel am Hals.

Doch Carsten Wolf schweigt zu all dem. Auch zu den vielen Ungereimtheiten, die den Prozeß verzögern. So etwa zur Frage, wie kam Silke Wolfs lilafarbener Peugeot 104 an den Hamburger Flughafen? Warum hatte die elektronische Wegfahrsperre eine neue Nummernkombination?

Weiß Wolf Antworten darauf? Zumindest soll er nach Aussage zweier Beamter das nasse Grab der Kinder verraten haben. Auch identifizierte ihn ein Taxifahrer, der Wolf am Todestag vom Hamburger Flughafen zum Hauptbahnhof fuhr, anhand von Fotos. Auch diesen Ausführungen folgt der Angeklagte scheinbar ungerührt. Der Prozeß wird fortgesetzt. Jens Tittmann