Pakistani für die China-Küche

Spezialitäten-Restaurants klagen über Ämter, die die Einreise von ausländischen Köchen mit besonderer Qualifikation behindern  ■ Von Dorothee Wenner

„Bei Restaurantüberprüfungen werden die immer fündig“, meint Walter Siegfried Nienhaus, Sachgebietsleiter für Ausländerangelegenheiten und Arbeitserlaubnisrecht beim Landesarbeitsamt Berlin/Brandenburg. „Die Zahl der illegal Beschäftigten liegt in diesem Gewerbe gleich hinter der Baubranche.“ Nienhaus kennt sich aus, nicht nur, weil in seinem Büroschrank Gourmetblätter lagern und er sich selbst für einen guten Koch hält. In seinen Aktenbergen findet sich die seiner Einschätzung nach liberale „Anwerbestopp- Ausnahmeverordnung“ von 1991, die unter anderem die Beschäftigung von Spezialitätenköchen regelt.

Für maximal drei Jahre können danach Köche aus einem Land einreisen, auf dessen Küche sich ein Restaurant spezialisiert hat. Das können zwei, in seltenen Ausnahmefällen bis zu fünf Personen pro Restaurant sein, sofern die passenden Qualifikationen nachweisbar sind und die jeweilige Botschaft, die Ausländerbehörde und das Arbeitsamt zustimmen. Praktisch ist das alles noch viel komplizierter. Kein Wunder, daß lediglich 60 unter diese Kategorie fallende Köche derzeit in ganz Brandenburg und Berlin arbeiten.

Wang Li(*), der ein China-Restaurant in Charlottenburg betreibt, wundert sich zuweilen, daß sein Laden überhaupt noch existiert. „Ich habe mal davon geträumt, ein Spitzenrestaurant für chinesische Küche zu eröffnen – das habe ich mir abgeschminkt. Als ich beim Arbeitsamt sagte, ich bräuchte dafür mindestens vier Köche aus China, haben sie mich ausgelacht.“ Auch Singh(*), Besitzer eines indischen Lokals im Wedding, stöhnt über die Auswirkungen der strengen Auflagen: „In der Praxis führt das dazu, daß unsere Köche oft 12 Stunden arbeiten müssen – und wenn jemand krank wird, beginnt die Katastrophe!“

Die Restaurants müssen vorrangig Leute beschäftigen, die hier arbeitslos gemeldet sind. Sind zufällig gerade arbeitslose vietnamesische Köche registriert, ist es unwahrscheinlich, daß ein Restaurantbetreiber seinen „Wunschkandidaten“ aus Vietnam einfliegen lassen darf. Wang Li zum Beispiel sollte für sein China-Restaurant einen pakistanischen Koch anstellen. „Zu uns wurden vor allem Hausfrauen geschickt. Die Bewerber sind in Deutschland ausgebildet und einfach nicht in der Lage, Gerichte herzustellen, die unserem Standard genügen. Unsere Gäste kommen wegen der speziell nordthailändischen Küche, die von Köchen mit jahrzehntelanger Erfahrung zubereitet wird – diese Leute können allein zwischen 80 Basilikumsorten unterscheiden“, erklärt auch Petra Gleim, Restaurantleiterin im Ostberliner „Mao Thai“.

Die „richtigen“ Köche zu finden, sei für Restaurantbetreiber eine enorme Investition: zu den Papieren, Gesundheitszeugnissen kommen noch Flugkosten und unzählige Behördengänge, Speisekarten müssen nach Bangkok oder Peking gefaxt oder Ersatzzertifikate für die in Thailand nicht existenten Kochschulen gefunden werden.

Zwischen acht bis zehntausend Mark kostet es, einen Spezialitätenkoch für drei Jahre aus Asien nach Berlin zu holen, schätzt Petra Gleim. Das komplizierte Prozedere stellt, nicht zuletzt wegen des schwer kalkulierbaren Zeitaufwands bis zur Bewilligung, ein erhebliches Geschäftsrisiko dar. „Zum Glück kann ich selbst kochen – und Köche ausbilden“, sagt Wang Li.

Sachbereichsleiter Nienhaus sind all diese Schwierigkeiten zwar bekannt, er verteidigt sie aber als notwendige Maßnahmen, um die Rechte der ausländischen Köche als Arbeitnehmer von Amts wegen kontrollieren zu können – und um ungeregelten Zuzug zu verhindern.

Beispielsweise sei es angesichts des Speisenangebots der kroatischen Küche wirklich unglaubwürdig, wenn hiesige Restaurants, wie oft geschehen, für die Zubereitung „von gegrilltem Fleisch mit Pommes frites“ Spezialitätenköche anfordern. „Da können Sie doch wirklich jeden anstellen!“

Die Restaurantbetreiber dagegen halten die behördlichen Auflagen für eine allzu weitgehende Einmischung von Beamten in ihre Rechte als Arbeitsplatzbeschaffer und Steuerzahler – und befürchten für die Zukunft alles andere als eine Besserung der Verhältnisse. Nach Vorstellung der „Zentralen und internationalen Fachvermittlung für Hotel-und Gaststättenpersonal und Managementvermittlung“ (Zihoga) soll die Vermittlung von Spezialitätenköchen demnächst ausschließlich durch deutsche Beamte im Ausland gemanagt werden.

Das ist ein Graus nicht nur für Mao-Thai-Geschäftsführer Norbert Frankenstein: „Dann soll das Arbeitsamt doch am besten gleich selbst die Restaurants betreiben!“ Frankenstein setzt sich zur Wehr gegen die amtliche Bevormundung und startete im Mao Thai unter seinen Gästen eine Unterschriftenaktion, 15.000 Restaurantbesucher forderten eine Ausnahme der 3-Jahres-Frist für einen thailändischen Koch. Außerdem gründete er jüngst die „Interessengemeinschaft der Gastronomie aus Asien in Deutschland“. Sollte all das nichts nützen, könnte sich vielleicht Wang Lis Zukunftsmodell für asiatische Küche in Deutschland durchsetzen: frustriert von den Behördenquerelen will er jetzt zusammen mit einer Spezialfirma ein computergesteuertes Kochprogramm für asiatische Gerichte entwickeln. Rache süß-sauer.

* Namen geändert