■ Ein Sonntagsausflug mit schlimmen Folgen
: Meine Eltern sind kriminell

Fast zwei Jahrzehnte hatte ich geglaubt, daß meine Eltern brave und sittsame Bürger sind. Doch dann kam der Schock: Als ich neulich nach Hause kam, stand mein Vater grinsend in der Tür und sagte zu mir: „Deine Eltern sind kriminell!“

Fast zwei Jahrzehnte hatte ich geglaubt, daß mein Vater sein Geld auf ehrliche Art als Malermeister verdient. Ist er denn jeden Morgen in seinem Maleranzug aus dem Haus gegangen, um wehrlosen Menschen Leid zuzufügen? Und meine Mutter? Ist sie in Wirklichkeit eine gerissene Schieberin? Ich mußte wissen, was meine Eltern verbrochen hatten. Und mein Vater erzählte mir die ganze schlimme Geschichte.

Eigentlich wollten meine Eltern nur einen Sonntagsausflug machen. Als sie an einer Erdbeerplantage für Selbstpflücker vorbeikamen, wollten sie ganz spontan Erdbeeren haben. Spontan, daß ich nicht lache! Ihr Tatwerkzeug, eine alte, gelbe Schüssel, hatten sie immer dabei! Das Schild „Diese Plantage ist abgeerntet, bitte suchen Sie eine der anderen Plantagen auf“! konnte meine kriminellen Eltern natürlich nicht aufhalten. Außerdem seien ja noch andere Erdbeerpflücker auf der Plantage gewesen. Nicht mit mir! Was haben sie früher immer zu mir gesagt? „Nur weil andere das tun, ist das noch lange nicht richtig!“ Auf der Plantage machten sie sich dann natürlich sofort über die dort befindlichen Resterdbeeren her. Mein Vater hat den Großteil seiner Beute gleich auf dem Feld aufgegessen, meine Mutter ihre Erdbeeren in die alte, gelbe Schüssel getan. Jetzt kommt unser Hund ins Spiel. Der saß im Auto und hat gebellt. Na und, werden Sie denken. Aber in Wirklichkeit ist dieses Bellen Ergebnis jahrelanger Dressur! Meine Eltern haben den Hund für ihre kriminellen Zwecke so abgerichtet, daß er Polizisten frühzeitig erkennt und bellt. Mein Vater ist aber nicht nur kriminell, sondern auch noch dämlich! Warum bringt er dem Hund mühevoll bei, zu bellen, wenn die Bullen kommen, und will ihn dann erschlagen, wenn er bellt? Er hätte lieber mal auf den Hund hören sollen. Plötzlich war sie nämlich da, die Polizei!

Meine Eltern und die anderen Erdbeerräuber wurden aufgefordert, sich am Tor einzufinden. Dort nahm man ihre Personalien auf, und sie mußten auch angeben, wie viele Kinder sie haben! Ich wurde der Polizei gegenüber erwähnt, kurz nachdem meine Eltern auf frischer Tat ertappt wurden! Mein Leben ist ruiniert! Dann mußten meine Eltern ihre Erdbeerbeute auf den Boden kippen, wogegen sich mein Vater stur gewehrt hat, bis die Polizei ihm unmißverständlich zu verstehen gab, daß er jetzt lieber keine Faxen machen soll. Meine Mutter hat der Polizei vorgeschlagen, die Erdbeeren, bevor sie hier verschimmeln, doch lieber an ein Kinderheim zu geben. Diese Heuchlerin! Macht einen auf mitleidig und sozial, nur damit sie dann nachts still und heimlich in das Kinderheim einbrechen kann, um die Erdbeeren ein zweites Mal zu klauen!

Meine Eltern wurden schließlch des Hausfriedensbruchs und des versuchten Diebstahls beschuldigt. Ich wünsche allen Kindern von Eltern, die schnell mal ein paar alte Erdbeeren ernten wollen, mehr Glück. Denn nach Angaben der Polizei „geht da unter hundert Mark nix“. Florian Fiebig