■ NGOs kritisieren Bonner Kürzung der Entwicklungshilfe
: Zwiespältige Maßnahme

Die entwicklungspolitischen Organisationen (NGOs) machen sich zum Anwalt von Entwicklungsminister Spranger. Dessen Mittel werden gekürzt, und das betrifft die NGOs nicht unerheblich, erhalten sie doch ein Zehntel des Etats für entwicklungspolitische Zusammenarbeit.

Nein, die Arbeit der vielen entwicklungspolitischen Organisationen soll nicht schlecht gemacht werden. Schließlich besteht ihre Entwicklungspolitik wenigstens nicht darin, die deutsche Industrie durch den Bau der Schanghaier U-Bahn zu entwickeln. Sie setzen sich, was durchaus löblich ist, für die Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse ein – wenn auch nicht immer koordiniert und in einen ökonomischen Gesamtrahmen eingebettet.

Der Aufschrei der NGOs angesichts der Kürzungen der Entwicklungszusammenarbeit klingt dennoch so, als bestehe ein direkter Zusammenhang: viel Geld – viel Entwicklung. Jahrzehnte lang sollten Finanzspritzen irgendeiner Entwicklung auf die Sprünge helfen. Mit welchem Ergebnis? Gemessen an ihrem Ziel, die zu entwickelnden Länder von Hilfszahlungen unabhängig zu machen, ist die Entwicklungspolitik komplett gescheitert. Im Gegenteil, das Elend auf der Welt nahm zu. Gutgemeinte Entwicklungsprojekte ließen in manchen Fällen sogar noch Konflikte etwa um Land oder Pfründen eskalieren. Kann man es da wirklich verantworten, den Ländern des Südens noch mehr von derselben bitteren Medizin zu verordnen?

Gerade weil das Elend zunimmt und gerade weil Ressourcen weltweit immer hemmungsloser ausgebeutet werden, weil es für viele Menschen in vielen Ländern die einzige Möglichkeit ist, noch an ein Minimum an Geld zu kommen, wird es Zeit für eine Nord- Süd-Politik, die diesen Namen auch verdient. Eine Politik, die zum Beispiel Handels- und Finanzpolitik, Umwelt- und Ressourcenmanagement umfaßt. Eine Politik, die allerdings vorwiegend im Norden stattfindet. Dann irgendwann könnte man sich die Kleckerbeträge für die euphemistisch so genannte Entwicklungszusammenhänge vielleicht endlich sparen. Nicola Liebert