Techno im Wahlkampf

Gaswerk Bahrenfeld: AnwohnerInnen vor verschlossener Tür diskutierten trotzdem über Lärm, Abgase und Disco  ■ Von Kerstin Kellermann

„Wieviel Techno braucht Bahrenfeld?“ fragte sich die Bezirks-SPD und lud am Dienstag abend zur Podiumsdiskussion ins Gaswerk ein. Seit eineinhalb Jahren tanzen dort hunderte von Leuten immer wieder samstags zu wummerndem Techno – nachdem sie vorher auf der Suche nach einem Parkplatz durchs Viertel gekreist sind. Am Wochenende wollen nun Bernd und Peter Kunze ihren Club Unit direkt neben dem Gaswerk eröffnen (siehe Querschnitt 4). Damit sah Andreas W. Schiemenz, Distriktchef der Bahrenfelder SPD den Zeitpunkt für die öffentliche Diskussion gekommen.

Doch die etwa 40 AnwohnerInnen, die mit den SPD-Bezirkspolitikern und Gaswerkbetreibern reden wollten, standen am Dienstag abend vor verschlossenen Türen – die Elektrik sei ausgefallen, verlautete es aus dem Gaswerk. Kritik wurde dennoch lautstark formuliert – vor dem Gaswerk. Zu ihnen gesellten sich diskussionsfreudige SPDler, die sich die starken Worte anhören mußten. Auch von Kai Hosie, Geschäftsführer des Gaswerks, der feststellte, daß der Wahlkampf wohl schon begonnen habe. Konkreten Unmut äußerte eine Anwohnerin: „Wenn man hier Sonntag vormittags mit dem Fahrrad oder dem Kinderwagen durch will, ist alles zugeparkt. Es sind einfach zu viele Autos und zu wenige Parkplätze.“ Außerdem halte sich niemand an die 30 Stundenkilometer im Wohngebiet, „alle rasen einfach durch!“ Ein ordnungsliebender Zwischenrufer forderte: „Alle anzeigen!“ „Ich wohne seit dreißig Jahren hier, das war schon immer so, da kann das Gaswerk nichts dafür“, beschwichtigte eine andere Diskutantin.

Doch das Verkehrsproblem ist nicht zu leugnen. Und nicht nur an Parkplätzen mangelt es, auch Kindern fehlt Platz zum Spielen. Ein langfristiges Verkehrskonzept liegt für das Gebiet, wo Bahrenfeld in den nächsten Jahren einen neuen Stadtkern bekommen soll, noch gar nicht vor. Deshalb drängt die SPD nun auf ein kurzfristiges. Danach soll die S-Bahn länger, bzw. früher fahren, und vom S-Bahnhof Bahrenfeld soll ein direkter Zugang zum Gaswerkgelände gebaut werden.

Künftig sollen im neuen Ortszentrum Bahrenfelds auch noch ein Multiplex-Kino, eine Bücherhalle, Läden, aber auch Wohnungen entstehen. Der Bebauungsplan sei, sagt Bernd Meyer, Sprecher der Stadtentwicklungsbehörde, deshalb nicht auf Eis gelegt, Mitte des Monats begännen Gespräche mit dem Bezirk, um ein Verkehrskonzept in Angriff zu nehmen.

Die Bezirks-SPD denkt bereits weiter: Das gesamte Fabrikgelände könnte für Autos, die umliegenden Straßen für Fremdparker gesperrt werden. Das dürfte die Veranstaltungsbetriebe empfindlich treffen, da ein Großteil der Gäste immernoch mit dem Auto kommt. Den Tip, Hinweisschilder aufzustellen, um herumirrenden BesucherInnen zumindest den Weg zum Gaswerk zu weisen, schrieb sich SPDler Schiemenz dankbar auf.