Staatsanwalt fordert Freispruch für Münch

■ Prozeß um Gehälteraffäre in Sachsen-Anhalt endet wie das Hornberger Schießen

Magdeburg (taz) – Im Prozeß gegen den Ex-Regierungschef von Sachsen-Anhalt, Werner Münch, und seinen damaligen Sozialminister, Werner Schreiber, hat die Staatsanwaltschaft gestern für beide Abgeklagten Freispruch gefordert. Ihnen habe in der Beweisaufnahme keinerlei Täuschungsabsicht nachgewiesen werden können, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Rudolf Jaspers in seinem Plädoyer. Den vier Verteidigern der beiden Ex-Politiker der CDU blieb nur noch, sich in ihren Schlußvorträgen der Forderung Jaspers anzuschließen.

Insbesondere die Verteidiger Münchs beharrten aber darauf, ihren Mandanten wegen erwiesener Unschuld freizuprechen. Soweit mochte Jaspers dann aber doch nicht gehen. Die nicht von Jaspers verfaßte Anklageschrift hatte Münch versuchten Betrug und Schreiber vollendeten Betrug in Tateinheit mit Untreue vorgeworfen. Beide sollen sich, so die Anklage, mit falschen Angaben über frühere Einkünfte als Europa- beziehungsweise Bundestagsabgeordneter rechtswidrig volles Westgehalt erschlichen haben.

In der Beweisaufnahme wurde jedoch klar, daß Münch zunächst eine durch handschriftliche Anmerkungen ergänzte Bescheinigung des Europäischen Parlaments und Schreiber eine von der Verwaltung des Bundestages erstellte Auflistung der Entschädigungen für Abgeordnete eingereicht hatten. In diesen Bescheinigungen waren die Zweckgebundenheit von Gruppen- und Informationsmitteln des Europäischen Parlaments und von Mitarbeiterpauschalen des Bundestages klar definiert. Daß diese Gelder dennoch als frühere Bruttobezüge anerkannt wurden, war ein fachlicher Fehler der Beamten in der Bezügestelle und ihres vorgesetzten Referatsleiters im Finanzministerium. Daß in einer zweiten Erklärung Münchs die jährliche Pauschale von Gruppen- und Informationsmitteln in monatliche Einkünfte umgedeutet worden waren, hatte dieser als bedauerlichen Irrtum bezeichnet. Das war ihm, so Jaspers, nicht zu widerlegen, weshalb er nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ aus Freispruch plädierte.

Das Urteil soll heute vormittag verkündet werden. Uwe Ahlert