Kahrs: neue Hochschule

■ Teile der Hochschule und der Uni sollen nach Grohn umziehen / Dienstleistungszentrum für den Mittelstand

Die Hochschule Bremen soll in der Neustadt bleiben, aber Grohn soll trotzdem Hochschulstandort werden. Das ist der Kern des Plans, den gestern Bildungs- und Wissenschaftssenatorin Bringfriede Kahrs vorgestellt hat. Damit hat die Fachsenatorin auf Wirtschaftssenator Hartmut Perschau reagiert, der völlig überraschend mitten im Sommerloch mit seinen Plänen zur Verlagerung eines Wissenschaftsstandortes an die Öffentlichkeit gegangen war.

Perschau will den kompletten Umzug der Hochschule von der Neustadt auf das Gelände der ehemaligen Roland-Kaserne. Der Konter aus dem Hause Kahrs: Wenn man die Chance eines neuen Standortes nutzen will, dann soll dort etwas Neues und Innovatives entstehen. Ihr Vorschlag: Mit den Schwerpunkten Wirtschaftswissenschaften und Gesundheitsdienstleistungen könnte in Bremen- Nord ein Kristallisationspunkt geschaffen werden, um den sich entsprechende Dienstleistungsbetriebe ansiedeln können. Kahrs: „Wir wollen einen Technologiepark II in Bremen-Nord schaffen.“ Heute will sie sich mit dem Wirtschaftssenator über die unterschiedlichen Pläne unterhalten.

Nach den Plänen des Wissenschaftsressorts müßten sich rund 4.500 StudentInnen der Hochschule und rund 1.500 StudentInnen aus der Uni auf den neuen Campus in Grohn einstellen. Umziehen würden nämlich die Studiengänge Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Hochschule und die damit verbundenen Institute, der Fachbereich Sozialwesen inklusive Pflegestudiengang, die Hochschule für öffentliche Verwaltung, der Studiengang Wirtschaftswissenschaften der Uni, das dortige Zentrum für Weiterbildung, das Institut für Wissenschaftstransfer durch wissenschaftliche Weiterbildung und die Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Weiterbildung der Fachhochschulen und der Hochschule für Künste. Gleichzeitig – erwünschter Nebeneffekt – würde bei Uni und Hochschule Platz für Expansion geschaffen. Um diese Studiengänge herum soll sich in Grohn ein wahres Dienstleistungszentrum entwickeln, insbesondere für mittelständische Betriebe. So soll eine Weiterbildungsakademie für betriebliche akademische Weiterbildung entstehen, ein Institut für Mittelstandsforschung, und die Studiengänge sollen auf den neuesten Stand der Kommunikationstechnologien getrimmt werden. Damit sollen Anlaufstellen für kleine und mittlere Betriebe geschaffen werden, wo sie sich fürs Internet fit machen können. „So etwas gibt es in ganz Nordwestdeutschland nicht“, schwärmt Rainer Köttgen, im Ressort für die Wissenschaft zuständig. „Die Firmen sind darauf angewiesen, mit neuen Medien umzugehen.“ Das sei „handfeste Wirtschaftsförderung“, ergänzt die Senatorin. Und die Pflege- und sozialpädagogischen Studiengänge sollen Dienstleistungsunternehmen in ihrem Bereich nach sich ziehen. Sogar an ein ambulantes Kurzentrum auf dem Campus ist gedacht. „Wir sind von dem Konzept des Wirtschaftsressorts hinterrücks überrascht worden“, sagte die Senatorin gestern. Aber unglücklich ist sie mit dem Vorstoß nicht. „Moderne Wirtschaftspolitik wird mit moderner Wissenschaftspolitik verknüpft“ – da sei Perschau auf dem richtigen Weg. Die Senatorin hofft nun trotz aller Differenzen, mit ihrem Kollegen nicht in den Haaren, sondern in den Armen zu liegen. Das muß sie auch, denn erstens wird ein neuer Hochschulstandort teuer, und zweitens muß noch der Bund überzeugt werden. Der übernimmt bei Hochschul-Neubauten die Hälfte der Kosten.

J.G.