Fahndung bei Wasserfall und Tinnef

■ Landeskriminalamt eingeweiht: Nicht nur ein unpraktischer Protzbau für 406 Millionen Mark, sondern auch viel zu klein

Gemächlich plätschert ein Wasserfall und ergießt sich in einem kleinen Teich, der von hängenden Gärten und Wasserspielen umgeben ist. Eine durchsichtige Röhre führt in luftiger Höhe über den Innenhof hin zu gelb, grün, rosa und blau gestrichenen Büroeingängen.

Was wie ein modernes Freizeitcenter mit Karibikatmosphäre anmutet, beherbergt die Zentrale für die Verbrechensbekämpfung. Das neue Dienstgebäude für das Landeskriminalamt (LKA) wurde gestern offiziell eingeweiht. Das Polizeiorchester spielte die Melodie aus dem neuen James-Bond-Film, und Polizeipräsident Hagen Saberschinsky (CDU) und Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) bedankten sich bei den Steuerzahlern für den 406,5 Millionen Mark teuren Bau. Der 26.000 Quadratmeter große Neubau hat 650 Büros. Außerdem verfügt das sechsstöckige Haus über fast einhundert Laborräume, einen Schießstand und Tiefgaragen auf drei Ebenen. Das Mammuthaus bietet Arbeitsplätze für insgesamt 1.700 Mitarbeiter.

Die neue Zentrale ist, ebenso wie das alte Polizeipräsidium, schon bei Bezug zu klein. Denn die 1988 begonnene Planung war nur für West-Berlin konzipiert. Zu den ursprünglich veranschlagten 333 Millionen Mark kamen 73 Millionen Mark hinzu.

Kriminaloberrat Harald Chybiak hat wenig Verständnis dafür, daß etwa zehn Prozent der über 400 Millionen Mark für „Kunst am Bau“ ausgegeben wurden. „Das ist doch Tinnef“, schimpft er. Statt normaler Uhren zeigen Lichtstrahlgebilde, die nicht gerade vor Funktionalität strotzen, die Zeit an. Auf den Fluren sind neben normalen Deckenleuchten mickrige Lichtgebilde installiert, deren Sinn sich einem nicht erschließt. Viele haben den Geist schon vor der Einweihung aufgegeben, andere wurden geklaut. „Was vorher vielleicht zu primitiv war“, schimpft Chybiak, „ist jetzt overstyled.“ Statt des „Schnickschnacks für zig Millionen trotz leerer Kassen“ wären ihm mehr PCs, Fahrzeuge und Funktelefone lieber. Die verglaste Verbindungsröhre über dem Innenhof sei „unsinnig“, weil sie kaum gebraucht werde. Ganz zu schweigen vom Wasserfall. Der sei nur gestern ausnahmsweise zur Eröffnung angestellt worden. Meistens sei er aus. „Die Mitarbeiter beschweren sich über den Krach“, so Chybiak.

Ein Kommissariatsleiter der Abteilung Eigentumsdelikte ärgert sich über die viel zu kleinen Büros. Er brauche auch keinen Wasserfall. „Ich bin ein Mann der Praxis“, sagt der 53jährige. „Und das hier ist nicht praktisch.“ Wenn er ein Protokoll aufnimmt, muß er dem Beschuldigten den Rücken zukehren. Zieht er eine Schreibtischschublade auf, bleiben nur wenige Zentimeter bis zur Wand, die bereits voller Fingerabdrücke ist. „Es war eben eine politische Entscheidung“, sagt er resigniert. Staatssekretär Ingo Schmitt merkte bei der Eröffnungsfeier denn auch an: „Bei der derzeitigen Haushaltslage könnten wir uns das wohl nicht leisten.“ Barbara Bollwahn