Mangelhafte Dienstleistung

■ betr.: „Ökologie, versifft“ (Öko lumne), taz vom 30.8. 96

Wenn K.-P. Klingelschmitt sagen wollte, das es am RMV unzählige Kritikpunkte gibt, stimme ich voll und ganz mit ihm überein. Aber noch nie ist es dem „arrogant abbügelnden“ RMV-Geschäftsführer so leicht gemacht worden, Kritik zurückzuweisen, denn an den aufgezählten „Fakten“ stimmt (fast) nichts:

[...] 1. Im RMV gibt es aufgrund des Zonentarifs Strecken mit 20 Kilometer Länge, die 9,80 Mark kosten, aber auch solche mit 40 Kilometer zum gleichen Preis, oder Strecken von 150 Kilometer für 18 Mark.

[...] 2. Selbstverständlich steht der Zielort „Flughafen“ auf der Zielliste der RMV-Automaten, ebenso auf denen der Frankfurter Stadtwerke, und eine „Zielzone 1“ gibt es nur in K.P.K.s (Alp-)Träumen.

3. Der Trip einer vierköpfigen Familie (Lieblingsbeispiel der Autolobby, obwohl der durchschnittliche Pkw-Besetzungsgrad bei 1,3 Personen pro Auto liegt und zu diesem Typus Ende 1994 gerade noch acht Prozent aller Frankfurter Haushalte gehörten) von Hochheim nach Frankfurt und zurück kostet nicht zirka 60 Mark, sondern genau 28 Mark (Preisstufe 4, Gruppenkarte für fünf Personen), und „Vatis Opel“ dürfte mit 40 Kilometer gewiß etwas mehr als zwei Liter Benzin verbrauchen, die für K.P.K.s drei Mark zu haben wären – es sei denn „Vati“ hätte schon eins der tollen Fünfliterautos.

4. In Frankfurt am Main arbeiten nicht eine Million, sondern nach allen seriösen statistischen Schätzungen waren es 1993 nicht mehr als 750.000 Menschen, und seitdem ist die Zahl rückläufig.

5. Wenn Pendler Preise wollten, die mit denen ihrer Pkws vergleichbar sind, müßten sie für ihre Monatskarten etwas tiefer in die Tasche greifen als bisher, wo der weit überwiegende Teil von ihnen zu Kilometerpreisen zwischen sieben (!) und 20 Pfennig unterwegs ist. Selbst wer eine Monatskarte in Frankfurt für den Weg zum fünf Kilometer entfernten Arbeitsplatz nutzt, hat pro Kilometer genau 50 Pfennig zu zahlen, ein Wert, der sich nach den sicher unverdächtigen ADAC-Tabellen bereits für die Nutzung eines x-beliebigen Kleinwagens ergibt.

Aus dem letzten ergibt sich allerdings genau das Dilemma der RMV-(Tarif)Politik. Wenn die ökologische Zielsetzung fast einzig und allein darin zum Ausdruck kommt, mit „Dumpingpreisen“ nur Pendler in Busse und Bahnen locken zu wollen, kann der RMV keinen Beitrag zu einem umweltorientierten Verkehrssystem leisten. Erst die gleichberechtigte Berücksichtigung der jetzt schon weit mehr als 50 Prozent ausmachenden Wegezwecke „Einkaufen, Besorgung und Freizeit“ durch ein darauf abgestimmtes Angebots- und Tarifsystem wird den Kassen der RMV-Verkehrsunternehmen dringend benötigte Einnahmenverbesserungen sowie Mensch und Umwelt die noch nötigere Entlastung von den Blechlawinen bringen. Walter Bien,

Verkehrs(markt)forscher,

Sprecher der LAG Verkehr

B'90/Grüne in Hessen, Frankfurt

[...] Unbekannt scheint dem Ökolumnisten zu sein, daß der ÖPNV, den er so gerne attraktiver machen möchte, niemals billiger als der Autoverkehr sein kann, solange dieser seine (Folge-)Kosten nicht annähernd selbst zu tragen braucht. Matthias Bauer, Berlin

Der Autor hat recht (leider), wenn er die teilweise mangelhafte Dienstleistung des ÖPNV kritisiert. Auch ich bin sauer über unverhältnismäßig hohe Fahrpreise, rege mich darüber auf, daß der ÖPNV und die Deutsche Bahn AG unfähig scheinen, ihre Fahrpläne sinnvoll aufeinander abzustimmen. [...] Nicht zuletzt wegen der schlechten Infrastruktur des ÖPNV wird man belächelt, wenn man andere dazu anhält, auf das Auto zu verzichten. [...] Ein alternatives Konzept muß einfach überzeugen, und ich kann beim besten Willen nicht begreifen, warum die Realisierung dieses Ziels nicht knallhart angestrebt und umgesetzt wird. [...] Samuel Klar, Schortens