■ Rettung der Elbe wurde gestern in Berlin vereinbart
: Viel Beton für Umweltschutz

Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU), Versandhauskönig und Ökounternehmer Michael Otto sowie Jochen Flasbarth vom Naturschutzbund (Nabu) haben gemeinsam ein wichtiges Stück Elbe, ein ökologisches Kleinod, gerettet. Das ist die positive Nachricht des Tages und eine, die den unbefangenen Beobachter sich die Augen reiben läßt. Entsteht hier eine neue Koalition gegen die Asphalt- und Betonlobby in der deutschen Verkehrspolitik? Können Umweltschützer von Nabu, BUND und WWF gemeinsam mit Unternehmern wie Otto künftig regelmäßig die Baggerkönige von Bilfinger & Berger bis Walter Bau besiegen und den Verkehrsminister auf ihre Seite zwingen?

Leider nicht. Der unbestreitbare Erfolg der Elbeerklärung zeugt nicht von neuer Macht dieser entstehenden Koalitionen, er beweist vielmehr, daß Umweltschutz sogar mit dem Verkehrsminister und der Betonlobby machbar ist, wenn nur weiter betoniert werden kann. Die jetzt favorisierte Ökoalternative zum Elbeausbau, der Ausbau der Elbeseitenkanäle, erfordert mehr Beton und mehr Geld. Warum sollten die großen Baggerfahrer also etwas dagegen haben?

Trotzdem muß der Erfolg nicht einmalig bleiben. Und vielleicht kann die Elbeerklärung sogar Vorbildcharakter gewinnen. Behaupten Umweltschützer nicht seit Jahren, daß mehr Ökologie neue Arbeitsplätze bringen kann und daß der ökologische Umbau auch ein riesiges Beschäftigungsprojekt ist?

Jetzt zeigt sich der Bundesverkehrsminister erstmals einsichtig statt stur. Auf diese neue Flexibilität können Umweltverbände, Baugewerkschaften und Ökounternehmer in Zukunft pochen. Welche weiteren Nonsensprojekte können Umweltschützer und Unternehmen mit ökologisch sinnvolleren Ersatzbauten zu Fall bringen? Wo ist die arbeitsaufwendigere, aber umweltverträgliche Alternative zur Ostseeautobahn A 20? Oder: Wieviel Bahnstreckenkilometer und neue Lokomotiven muß man bei der Bahnindustrie ordern, damit sie auf den Transrapid verzichtet?

Das gestrige Tauschgeschäft an der Elbe zeugt von neuer Kreativität. Mittlerweile können nicht nur Spezialisten dem ökologischen Umbau etwas abgewinnen, wenn er mehr Aufträge und Arbeitsplätze bringt. Hermann-Josef Tenhagen