Ran an die Bohrmaschine

Wenn schon das Andübeln eines schlichtes Bretts zur handwerklichen Gretenfrage wird, hilft nur eins: Ein Heimwerkerkurs. Natürlich bei Profis
■ Von Lennart Paul

Ungerecht ist das. Einfach ungerecht. Mancher kauft sich ein paar Leisten und sägt, hobelt, drechselt, schraubt sich eine Küche zurecht. Komplett mit Gewürzbord und Butzenscheibenhängeschrank für die Sektkelche. Zur Erholung von der Holzarbeit ersteht er dann ein Markenfahrrad im Bausatz und schraubt in wenigen Stunden ein untadeliges Gefährt zusammen.

Ein anderer dagegen verzweifelt schon, wenn ein Brett an die Wand soll. Ein Bücherbord etwa. Da rutscht der Bohrer ab. Der Dübel wackelt im Loch hin und her. Das Bord stürzt schon nach wenigen Minuten mitsamt den Büchern herab. Auch Ikea bringt keine Erleichterung. Sobald die Zahl der Einzelteile zweistellig wird, will nichts mehr zusammenpassen.

Helfen kann in diesem Fall nur eins: ein Heimwerkerkurs. Den bietet zum Beispiel die Deutsche Heimwerkerakademie (DHA) an. Ihr Jahresprogramm umfaßt 250 Kurse mit 46 unterschiedlichen Themen – von „Hifi-Boxen selber bauen“ über den „Obstbaumschnitt“ bis zum „Möbelbau“.

Seit 1988 gibt es die Heimwerkerakademie in Leonberg, Schwabenland. Der Schwerpunkt des Kursangebots liegt in Baden- Württemberg. Aber auch in Berlin finden Kurse zur Holzverarbeitung statt – vom Möbelbau bis zur Oberflächenverarbeitung. Wer sich für Gärtnerkurse oder die richtige Verlegung von Fliesen interessiert, muß reisen. Höchstens zehn Teilnehmer pro Kurs nimmt die DHA auf.

„Bei manchen Seminaren, wie der Holzkunde, können wir leider nicht alle Interessenten berücksichtigen“, sagt Helge Bauer von der DHA. In diesem Jahr haben – neben 2.000 regulären Kursbesuchern – bereits 10.000 Menschen in Baumarkt-Sonderkursen das rechte Holz geschnitzt.

Guido Henn ist Kursleiter der DHA. Der Schreinermeister veranstaltet die Wochenendseminare in seiner eigenen Werkstatt. „Der Heimwerker sollte mit einem Grundkurs für die Oberfräse anfangen“, erzählt er. „Wer dann Spaß am Holz hat, kann weitermachen bis zum Möbelbau.“ In seine Kurse kommen ganz unterschiedliche Menschen: Masseure und Konferenzdolmetscher, Zahnärzte und Kunstlehrer. Guido Henn findet es verrückt, daß sich Heimwerker im Baumarkt gefährliche Maschinen kaufen und im Hobbykeller ohne Kenntnisse loslegen: „Wir Profis mußten dafür ja auch eine Ausbildung machen.“

In jedem der Kurse wird ein Werkstück hergestellt: im Fräskurs ein Kästchen mit Nut und Falz, im Möbelkurs ein Schränkchen mit Tür und Schublade. Mit leeren Händen ist noch nie jemand nach Hause gegangen. Ohne Hand bisher auch nicht. Die DHA-Kurse kosten zwischen 99 und 379 Mark. Der Preis hängt von der Art und Dauer des Seminars ab, vor allem aber von den Materialkosten. Die meisten Kurse dauern zwei Tage und finden am Wochenende statt.

Etwas billiger ist es bei der Volkshochschule. In Berlin haben sich vor allem zwei Bezirke auf Heimwerkerkurse spezialisiert: Wedding und Wilmersdorf. In Wilmersdorf wird getischlert. Es gibt Hilfen bei der Fahrradreparatur und bei Elektroarbeiten. Beliebt seien die Kurse „Selbst ist die Frau“, sagt der Fachbereichsleiter Kultur, Jochen Götz. „Frauen fühlen sich oft von den Männern bevormundet. Da wollen sie im Kurs unter sich sein, um unbeschwerter lernen zu können.“ Die Volkshochschulkurse beginnen Mitte September.

Nähere Infos:

*DHA, Tel.: 07151/97 92 00

*VHS Wedding: 457 574 30

*VHS Wilmersdorf: 854 27 18