Beachtliche Bilanz

■ Der Verkehrsclub Deutschland wird zehn Jahre alt

Am 14. September knallen in Bonn die Korken: Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) feiert Geburtstag. Zehn Jahre ist es her, daß Grüne und Umweltverbände beschlossen, gegen die damalige Autopolitik der schwarzgelben Koalition zu Felde zu ziehen und den Club aus der Taufe hoben.

„Die Bilanz kann sich sehen lassen“, resümiert Brigitte Kunz, Aktivistin der ersten Stunde, in der Verbandszeitschrift fairkehr. Immerhin habe man Themen wie BahnCard, CarSharing, Tempolimit und Schwerverkehrsabgabe „im Laufe der Jahre auf den Weg gebracht“. Eine halbe Million Mitglieder hatte man in der Gründungsphase angepeilt – froh ist man aber auch schon über die heute rund 70.000, gleichwohl damit nicht zufrieden: „100.000 Mitglieder im nächsten Jahr“ schweben dem VCD-Bundesvorsitzenden Rüdiger Wohlers vor.

Als glorreiches Beispiel für gute Verbandsarbeit gilt die Einführung der BahnCard, die es ohne den VCD vermutlich nicht geben würde. Die Bahn verkaufte 1992 schon im ersten Halbjahr 900.000 Cards nach Schweizer Vorbild – aber kaum jemand erinnerte sich in diesem Zusammenhang noch an den VCD. „Zwar bekamen wir für die Kampagne einen Umweltpreis. Trotzdem ist es uns nicht gelungen, diesen Erfolg auch mit unserem Namen zu verbinden“, bedauert Brigitte Kunze in fairkehr.

Als Dauerrenner allerdings entwickelte sich die schon 1989 erstmals vorgelegte „Auto-Umweltliste“, eine Aufstellung und Bewertung von Neuwagen nach dem Kriterium, welches Fahrzeug die Umwelt im Vergleich zu anderen geringer belastet. Die diesjährige erschien vor wenigen Wochen.

Wie es bei einem Jubiläum so ist: Es hagelt – bestellt oder nicht – Grußworte. ADAC-Präsident Otto Flimm grüßt mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner: „100 Prozent unserer Mitglieder sind Fußgänger, wie auch beim VCD“. Daß von einer aufrichtigen Freundschaft keine Rede sein kann, weiß, wer sich an das Jahr 1989 erinnert: Der ADAC machte gegen ein vom Berliner Senat verhängtes Tempolimit auf der traditionellen Stadtrennstrecke Avus mobil, in dessen Folge geputzte Daimler mit getunten Mantas koalierten. Gestört wurde der Feldzug von zahlreichen empörten Aufrufen, in deren Folge der ADAC das eine oder andere Mitglied an den VCD verloren haben mag. So richtig ernst meinen kann es der Boß der gelben Engel mit seinen Grüßen allerdings nicht, schließlich wurde der VCD seinerzeit mit dem erklärten Ziel gegründet, „die Öffentlichkeit für eine umweltschonende Verkehrspolitik zu sensibilisieren und ein Gegengewicht zum ADAC zu etablieren“.

Das Image der spinnerten Weltverbesserer jedenfalls, das den meisten jener Initiativen anhaftete, die Anfang der 80er Jahre allerorten als Reaktion einer reaktionären Politik entstanden, hat der VCD, wie die meisten Gruppen, die dieses Alter noch erleben, zwischenzeitlich abgelegt. Sowohl im Umweltbundesamt als auch im Verkehrsministerium darf man seine Kompetenz inzwischen ungestraft loben. Vielleicht ist das der Grund, weshalb sich auch Deutschlands oberster Verkehrsverwalter die Ehre gab und ein Kärtchen schickte. „Der VCD hat sich in den zehn Jahren seines Bestehens beachtlich entwickelt“, bemüht sich Minister Matthias Wissmann. Er wünsche dem VCD auch für die „nächsten zehn Jahre“ alles Gute, was sich allerdings im Kontext anhört wie die „verbleibenden zehn Jahre“ – als hoffe er, daß dann endlich Schluß sei mit dem, was ihm der Club mitunter so alles an Windungen abverlangt. alo