Glanz der Abwesenheit

■ Islamische Gemeinschaft – Milli Görüs begeht 35 Jahre türkische Einwanderung

Die Frauen und Kinder saßen auf der Empore des Audimax der Uni, weitab von der Bühne. Die Männer hatten direkt davor Platz genommen. Auch deutsche PolitikerInnen waren geladen. Niemand erschien – nur der Hamburger Ausländerbeauftragte Dr. Günther Apel, und der hatte keine Rede vorbereitet. So verlor er auch kein Wort zum Thema – „35 Jahre Türkische Einwanderer in Deutschland“ – und lobpreiste statt dessen sich und seine „friedensstiftende“ Arbeit.

Eingeladen hatte am Samstag die „Islamische Gemeinschaft – Milli Görüs“. Gut 600 Menschen waren zur feierlichen Veranstaltung erschienen und applaudierten den zahllosen Grußbotschaften der „Hamburger mit deutschem Paß“ an die „Hamburger türkischer Nationalität“, wie Apel es ausdrückte.

Milli Görüs ist mit 2098 Gemeinden nach eigenen Angaben die „größte zivile muslimische Organisation“ in Europa. Fast in jeder deutschen Kleinstadt, so rühmte der Hamburger Vorsitzende Ali Bozkurt in seiner Eröffnungsrede, gebe es mittlerweile eine Moschee. Doch obwohl in Deutschland seit nunmehr 35 Jahren Muslime oft in der 3. Generation hier lebten und aus dem öffentlichen Leben als integraler Bestandteil nicht mehr wegzudenken seien, „scheinen gewisse Kreise immer noch nicht genug Lehren aus der jüngsten Vergangenheit gezogen zu haben“. In diesem Zusammenhang erinnerte Bozkurt an die Brandanschläge von Mölln und Solingen, bei denen Türkinnen und Türken getötet wurden. Auch der Vorsitzende der Islamischen Gemeinschaft, Ali Yüksel, ermahnte die deutschen Politiker, trotz der kulturellen und religiösen Unterschiede Wege des friedlichen Miteinanders zu suchen, statt „notorisch Feindbilder in der Phantasie und Vorurteile“ zu erzeugen.

Die AdressatInnen dieser Kritik konnten sie allerdings nicht vernehmen, die geladenen Gäste von CDU, FDP, SPD und den Grünen hatten ihr Erscheinen „mit großem Bedauern“ geschlossen abgesagt. Und Apel werte es schon als „ein gutes Zeichen“, daß „meine Rede offensichtlich nicht übersetzt zu werden braucht“. Elke Spanner