Ab und an ein Airbus

■ Die junge Deutsche Philharmonie spielte bei Fluglärm Werke von Strawinsky, Ravel und Dutilleux in der Verkehrsfliegerschule

Das Ballett „Feuervogel“ gehört zu den Werken Strawinskys sogenannter „russischer Phase“, die seinen Weltruhm begründeten. Seine rhythmischen Urkräfte, seine Hinwendung zur russischen Folklore, seine farbenreichen Instrumentierungen führten drei Jahre nach dem „Feuervogel“ im „Sacre du Printemps“ 1913 zu einem der größten Skandale der Musikgeschichte. Sorgfältig entfaltete nun David Shallon mit der Jungen Deutschen Philharmonie in der Verkehrsfliegerschule der Lufthansa diesen Reichtum an Melodik, Rhythmik und Farbe. Manchmal fast zu vorsichtig und damit nicht immer in der notwendigen Intensität ließ Shallon das alte Märchen vom Feuervogel mit seinen so unterschiedlichen Atmosphären entstehen und riß dann mit einem fulminanten Finale das Publikum doch hin. Durch ein glänzendes Orchester, das es für seine atemberaubenden Pianoflächen verdient hätte, wenn der Sponsor Lufthansa die an- und abfliegenden Flugzeuge auf die Fortissomostellen hätte organisieren können. Aber das sind die akustischen Wehwehchen vieler Musikfestkonzerte, wo es dann häufiger mal gar nicht um die Musik, sondern um das Ereignis geht.

Der uruguayische Pianist Homero Francesch spielte mit großer Einfühlung Maurice Ravels Klavierkonzert in G-Dur, das sich neben vielen Jazz-Elementen auf die baskische und spanische Musik stützt, und gleichzeitig auf den Geist von Mozart bezieht. Hört man diesem fast klassischen Konzert mit seinen vielen stilistischen Adaptionen sein Entstehungsdatum 1931 kaum an, so ist doch alles so durch die persönliche Brille Ravels gestaltet, daß man von Eklektizismus nicht sprechen kann. Dies umso mehr in der eingangs gespielten Sinfonie Nr. 2 des 1916 geborenen Henri Dutilleux, deren Entstehungsdatum 1959 den HörerInnen ruhig (ebenso wie das von Ravels Komposition) hätte verraten werden dürfen. Das war stilistisch irgend etwas zwischen Ravel, Strawinsky, Ives, Hindemith – und über lange Strecken ein nervtötendes Mißverhältnis zwischen dem großen Orchesteraufwand – acht Kontrabässe saßen da – und dünnem klanglichem Ergebnis. Mir kam's so vor, als würde Dutilleux mit seinem handwerklichen Eifer zwischen den Riesen Strawinsky und Ravel so richtig vorgeführt. Dies war gewiß keinesfalls die Absicht des Dirigenten. Die ständigen Wechsel zwischen Soloinstrumenten, kleineren Ensembles und dem vollen Orchester wurden von allen bravourös gemeistert.

Ute Schalz-Laurenze