Kein Nullachtfünfzehn-Multiplex

Am Rande von Prenzlauer Berg öffnet morgen mit dem FAF ein cineastisches Kleinod seine Pforten. Mit Flair und ausgesuchtem Programm soll dem zukünftigen Multiplexkino von nebenan getrotzt werden  ■ Von Kathi Seefeld

Als gestern irgendwann für einen Augenblick das Licht ausging, an den Wänden nur noch kleine blaue Halbkugeln strahlten und ein allgemeines „Ah“ und „Oh“ der Medienschar den Raum erfüllte, da war auch Michael Verhoeven ergriffen. Fast so wie damals, als der Münchener Regisseur das „Filmtheater am Friedrichshain“ (FAF) zum ersten Mal sah, sich neben anderen bei der Treuhand bewarb und es 1993 kaufte. „Dieser unglaublich schöne Bau hat mich umgehauen. Der Saal mit 1.200 Plätzen, der auch für Revuetheater wie geschaffen schien. Außen war das Entree wundervoll.“

Verhoeven erfüllte sich einen Kindheitstraum. Das einstige Premierenkino der Ufa aus den zwanziger Jahren strahlt in altem neuen Glanz. Für 6,8 Millionen Mark ließen es Verhoeven und sein Partner, der Betriebswirt Peter Ruppert, umbauen. Rein äußerlich wurde auf Schnickschnack verzichtet, der eher konservativ gehaltene selbstleuchtende Kinoname blieb erhalten. Auch den Kassen- und Eingangsbereich umgibt der Charme der fünfziger Jahre. „Nur eine Leinwand zu haben, das kann sich heutzutage allerdings niemand mehr leisten“, so Georg Kloster von der Yorck-Kino GmbH, die Verhoeven zum Betreiber des FAF auserwählte.

350 Polstersessel sind im großen Saal gen Leinwand gerichtet. Die insgesamt fünf Säle wurden auf individuelle Weise von der Bühnenbildnerin Vera Dubroschke gestaltet. Blaue Samtbestuhlung neben gelben Waffelwänden, dem Galacharakter in Saal 2 steht ein eher technokratisches Outfit in Saal 1 gegenüber. Hier wurden künstlich Stahlkonstruktionen eingebracht, die den Charakter eines Studios vermitteln und die Verwendung des Raumes nicht nur für Kinozwecke offenhalten sollen. Kino 4 trägt gemütlichen Klubcharakter, während Kino 5 wegen seinem morbiden Charme bereits einen Spitznamen weghat: die Gruft.

Kein Multiplex, keine Massenware in Ausstattung und Angebot, darauf ist auch der Theaterleiter der Yorck-Kino GmbH, Karsten Goerlitz, stolz. Obgleich die Entstehung mehrerer High-Tech-Cinemas im gewünschten Einzugsbereich etwa in der Kulturbrauerei und an der Schönhauser Allee auch Bauchschmerzen verursacht. Hinzu kommt, daß auch die gute Anbindung an Straßenbahn und Bus nicht darüber hinwegtäuschen kann, daß das FAF kein zentral gelegenes Kino ist wie Verhoevens „Toni“ in Weißensee. Dennoch, so Georg Kloster, sei man auch „am Rande von Prenzlauer Berg, jenseits der Szene“ und mit Blick auf den Stadtpark Friedrichshain sehr zuversichtlich.

Nicht ohne Grund war es schließlich die „Bürgerinitiative Bötzowviertel“, die schon 1991 gegen die Privatisierungspläne der einstigen Treuhand und heutigen Treuhandliegenschaftsgesellschaft protestierte und verhinderte, daß das FAF den Plänen der Kölner Immobiliengruppe Dorinth und einem Hotelbauvorhaben zum Opfer fiel, wie schon der geschichtsträchtige Friedrichshainer Saalbau nebenan, auf dessen Gelände sich mittlerweile eine kleine Wagenburg häuslich eingerichtet hat.

Inhaltlich wird sich das FAF auf Filmkunst konzentrieren, versicherte Georg Kloster: europäisches Kino, anspruchsvolle amerikanische Produktionen. Auch Filme im Original schweben Verhoeven vor. Morgen wird es die preisgekrönten „Trues and Lies“, die „Lügen und Geheimnisse“ von Mike Leigh zu sehen geben, aber auch „Die Olsenbande fährt nach Jütland“. Und wem danach noch so ist, auf den wartet eine Ecke weiter an der Käthe-Niederkirchner-Straße eine Lokalität, die, wie die Kiezzeitung Vor Ort schrieb, schon vom Ambiente her ganz auf Kinobesucher eingestellt ist. „Eines der drei besten italienischen Restaurants in der Stadt“, meint dazu Karsten Goerlitz.