Rumäniens Homos droht der Knast

■ Rumänisches Parlament votiert für eine Verschärfung des Homosexuellenparagraphen. Schwule und Lesben sollen bis zu fünf Jahre hinter Gitter. Homo-Verfolgung noch diese Woche Thema im Europarat

Berlin (taz) – Rumänien macht weiter Hatz auf Schwule und Lesben. Das rumänische Parlament stimmte am Dienstag mit 165 Stimmen bei 20 Gegenstimmen und elf Enthaltungen für eine Verschärfung des berüchtigten Homosexuellenparagraphen 200.

Der Neufassung des Paragraphen, der unter dem Diktator Nicolae Ceaucescu eingeführt worden war, zufolge wird Homosexualität mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft. Homos, die „öffentlich Ärgernis erregen“, drohen bis zu fünf Jahren Knast. Der Paragraph wurde von allen parlamentarischen Parteien, einschließlich der oppositionellen „Christ-Demokratischen Bauernpartei“ (PNT–CD) befürwortet. Lediglich die kleine Bürgerallianz-Partei“ (PAC), die „Jungliberale Partei“ (PL '93) und der „Demokratische Verband der Ungarn Rumäniens“ (UDMR) stimmten dagegen.

Der Abstimmung war eine lebhafte Debatte vorausgegangen. Die meisten Redner verurteilten scharf jegliche Form von Homosexualität, wobei sie sich auf die „orthodoxen Traditionen“ des rumänischen Volkes berief. „Eine homosexuelle Beziehung ist verabscheuungswürdiger als Inzest“, ereiferte sich ein Abgeordneter.

Vor allem die orthodoxe Kirche hatte massiven Druck ausgeübt und unmißverständlich die Bestrafung der Homosexuellen gefordert. Am Dienstag, noch während der Aussprache im Unterhaus, demonstrierten Vertreter der fundamentalistischen „Rumänisch- Christlich-Orthodoxen Studentenvereinigung“ (ASCOR) vor dem Parlamentsgebäude.

Mit ihrem Votum setzten sich die Abgeordneten auch über ein Votum des rumänischen Verfassungsgerichtshofes hinweg. Der hatte im Juli dieses Jahres den Paragraphen 200, der die Erregung öffentlichen Ärgernisses durch Homosexuelle unter Strafe stellt, für verfassungswidrig erklärt.

Kritiker sprechen nunmehr vom einem Rückfall in die finsterste Ceaucescu-Zeit und einer Abkoppelung Rumäniens von Europa. Ein bekannter rumänischer Jurist bezeichnete den Paragraphen gegenüber der BBC als „repressiv und inkompatibel mit der europäischen Gesetzgebung“. Noch in dieser Woche soll der Schwulenparagraph im Europarat zur Sprache kommen. Im September 1993, einen Monat vor der Aufnahme in den Europarat, hatte sich Rumänien dazu verpflichtet, den Paragraphen abzuschaffen. Dennoch war die Diskriminierung von Homos in dem Balkanstaat weiter an der Tagesordnung. So berichtete amnesty international, daß seit der Wende von 1989 mindestens 57 RumänInnen aufgrund des Paragraphen 200 verhaftet worden seien. William Totok