UNO billigt Vertrag über Stopp von Atomtests

■ Das Dokument soll am 24. September in New York unterzeichnet werden. Zu Optimismus besteht kein Anlaß. Denn Indien will die „Farce“ nicht mitmachen

New York (AFP/dpa/taz) – Die Verabschiedung des Atomteststoppvertrages durch die UN-Vollversammlung hat in weiten Teilen der Welt ein positives Echo hervorgerufen. Indien sprach jedoch von einer „bewußten Täuschung der Weltöffentlichkeit“. Indiens Außenminister Kumar Gujral erklärte, der Vertrag sei eine „Farce“ und „völlig wertlos“. Die fünf offiziellen Atommächte würden ihre Atomtests nun mit Hilfe von Computern fortsetzen und damit ihre Tests lediglich vor der Öffentlichkeit verstecken.

Am Dienstag abend hatten 158 Staaten für den Resolutionsentwurf gestimmt. Indien, Libyen und Bhutan stimmten dagegen, fünf Länder enthielten sich. Ohne die Unterzeichnung Indiens kann der Vertrag aber vorerst nicht in Kraft treten. Frankreichs Außenminister Hervé de Charette schlug deshalb gestern vor, Indien Sicherheitsgarantien anzubieten, um es doch noch zur Unterzeichnung zu bewegen.

Der Vertragsentwurf war in zweieinhalb Jahren von den 61 Staaten der UN-Abrüstungskonferenz in Genf ausgehandelt worden, dort aber am Widerstand Indiens gescheitert. Er hätte eigentlich nur bei einem Konsens aller 61 Staaten an die UN-Vollversammlung weitergeleitet werden dürfen. Daraufhin hatte Australien eine Initiative gestartet, um den Vertrag zu retten. Es brachte den Vertragstext bei der UN-Vollversammlung als schlichten Resolutionsentwurf ein – ein in der UN- Geschichte einmaliges Manöver. Der Vertrag hat ein Verbot jeglicher Arten von nuklearen Testexplosionen zum Ziel. Bisher wurden weltweit mehr als 2.000 Tests gezündet. Die letzten unterirdischen Atomtests hatten China und Frankreich im Frühjahr und Sommer diesen Jahres trotz weltweiter Proteste durchgeführt. Mit der Zustimmung durch die UN-Vollversammlung in New York kann die Unterzeichnung des Atomteststoppvertrages fristgerecht zur Generaldebatte der 51. Vollversammlung im September beginnen. US- Präsident Bill Clinton erklärte, das Dokument persönlich unterzeichnen zu wollen. Frankreichs Ministerpräsident bezeichnete die Verabschiedung als „großen Erfolg für die Völkergemeinschaft“ und kündigte an, den Vertrag am 24. September in New York zu unterschreiben. Auch China und Rußland brachten ihre Hoffnung auf eine rasche Unterzeichnung und weltweite Einhaltung des Vertrags zum Ausdruck. Außenminister Klaus Kinkel bezeichnete die Abstimmung als einen „historischen Durchbruch“, auch wenn das Ziel noch nicht erreicht sei.

Der Vertrag tritt nämlich erst dann in Kraft, wenn ihn alle 44 Staaten der Welt mit „nuklearer Kapazität“ innerhalb von zwei Jahren ratifiziert haben. Wenn Indien oder andere Staaten dazu nicht bereit sind, kann die Mehrheit der Vertragsstaaten nach drei Jahren, also im Herbst 1999, eine Konferenz einberufen, um die Bestimmungen so zu ändern, daß der Vertrag wenigstens für die Unterzeichner bindend wird. Israel, das neben Indien und Pakistan als der wichtigste „inoffizielle“ Atomwaffenstaat gilt, will sich dem Abkommen anschließen. Dagegen will Pakistan erst unterzeichnen, wenn auch das Nachbarland Indien unterschreibt. Damit ist im Grunde noch völlig unklar, wann das Abkommen tatsächlich in Kraft tritt und völkerrechtlich bindend wird.