: Wahrnehmungsstörungen abbauen
■ Gutachten lobt Wirtschaftspotential des Flughafens
Wirklich „neue Erkenntnisse“, so räumten gestern unisono Flughafenchef Werner Hauschild und Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus ein, hat das gestern präsentierte Gutachten zur „Bedeutung des Flughafens Hamburg“ seinen Auftraggebern nicht gebracht. Dies freilich war auch gar nicht beabsichtigt. Das Werk des Bonner Consultingbüros empirica sollte vor allem die Ausbaupolitik von Behörde und Flughafen GmbH argumentativ stützen.
Und hier leistete empirica ganze Arbeit. Erstens: Die Zahl der Passagiere wächst stetig und dynamisch – und dies hauptsächlich im Fernverkehr, der nicht auf die Bahn verlagert werden kann. Zweitens: Dem Flughafen lassen sich bei 12.300 Beschäftigten (inklusive Lufthansa-Werft) insgesamt 27.000 Arbeitsplätze in der Region Hamburg zuordnen. Daraus folgt: Ein weiterer Ausbau ist notwendig, will die Stadt im europäischen Wettbewerb bestehen und im Jahr 2000 10,5 Millionen Passagiere (heute sind's 8 Millionen) durch die Terminals treiben.
Die Gutachter äußern jedoch, zart im Ton, hart in der Sache, auch herbe Kritik. Bislang ist der Traum vom attraktiven Gewerbestandort Flughafen eher ein ökonomischer Alptraum. Büroräume stehen leer, Miet- und Bodenpreise purzeln. „Im Jahr 1995 gab es“, so jammert empirica, „sehr große Leerstände im Flughafenumfeld oder aber eine Nutzung weit unter der ursprünglichen Investorenkalkulation.“ Soll heißen: Entweder wurde gar nichts oder zu billig vermietet. Im übrigen sei die Verkehrsanbindung des Flughafens, allem Straßenausbau zum Trotz, katastrophal.
Der Verkehrsclub VCD benannte kürzlich in einer eigenen Studie das Problem: Nur acht Prozent der Fluggäste, weniger als auf jedem anderen deutschen Flughafen, kommen per ÖPNV. Dieser Autozubringerverkehr ist schon heute schädlicher als die – außerordentlich hohen – ökologischen Belastungen durch die 140.000 jährlichen Flugbewegungen. Empirica-Gutachter Jürgen Aring Holst stört das wenig. Er lächelt milde über die „subjektive und irrationale Diskussion über die Umweltbelastung“. Seine Empfehlung an Lärmgeschädigte und ökologische Bedenkenträger: Es gelte „Wahrnehmungsdefizite des Flughafens in der Öffentlichkeit abzubauen“.
Florian Marten
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