High Noon bei der Hochbahn

Aufsichtsrat entscheidet heute über Rausschmiß des Arbeitsdirektors / Skandal und Wettbewerbsdruck könnten Reform einleiten  ■ Von Florian Marten

Mit gewohnt fester Hand wird heute mittag Verkehrssenator Eugen Wagner als Aufsichtsratschef der Hamburger Hochbahn AG (HHA) eine Sondersitzung eröffnen, bei der es auf den ersten Blick lediglich um ein paar gefälschte Spesenquittungen geht. Zur Debatte im obersten Aufsichtsratsgremium des zweitgrößten deutschen Nahverkehrsbetriebs steht die Entlassung des beurlaubten Arbeitsdirektors Wolfgang Hauck.

Insider rechnen mit einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsvertrages als Sitzungsergebnis – dies würde den öffentlichen Schaden zumindest begrenzen. Während Hauck in einem Brief an den Aufsichtsrat beteuert, er habe sich „nicht persönlich bereichert“ und seine Spesen allenfalls nicht ganz korrekt abgerechnet, während Haucks Rechtsanwalt Peter Ahner behauptet, bei immerhin elf von 19 beanstandeten Spesenquittungen „weitgehend Aufklärung geben zu können“, ist für einen Kenner der Materie längst klar: „Hauck ist zu weit gegangen. Der Mann hat den Boden unter den Füßen verloren. Der Sachverhalt ist klar und wird von ihm selbst in den wichtigsten Punkten ja gar nicht mehr bestritten.“ Allenfalls die starke Hauck-Seilschaft auf der Aufsichtsrats-Arbeitnehmerbank könnte Hauck wohl retten.

Dabei steht für HHA-Vorstandschef Günter Elste, Teile der Hamburger ÖTV, viele der 5000 HHA-KollegInnen und nicht zuletzt Hamburgs verkehrspolitisch Interessierte mehr auf dem Spiel: Gelingt es endlich, den versteiften Filz des stadtstaatlichen Großbetriebs aufzubrechen? Die HHA, nach Ansicht von Experten einer der rückständigsten Verkehrsbetriebe Deutschlands, glänzt zwar in Teilbereichen mit moderner Technik – Kostenbewußtsein, Kundenorientierung und moderne Mitarbeiterführung sind aber immer noch Fremdworte.

Schuld daran ist nicht nur das jahrzehntelang von Büro- und Technokraten geleitete Management – es zeichnet unter anderem für die Abschaffung der Straßenbahn verantwortlich –, sondern auch der gewerkschaftlich-sozialdemokratische Arbeitnehmerfilz. Prototyp ist der smarte Wolfgang Hauck, der vom Betriebsratsanwärter über den Job des Betriebsratsvorsitzenden die Treppe bis hinauf in den Vorstand fiel. Des Arbeitsdirektors Personalentscheidungen, so beklagen HHA-Mitarbeiter, „werden nicht nach Qualifikation, sondern nach Beziehung vergeben“.

Im Lauf der Zeit bildeten HHA-Management, Hauck und die Betriebsratsmehrheit „eine Wagenburg“, zu der selbst rechte Sozialdemokraten und die Hamburger ÖTV-Spitze keinen Zugang mehr hatten. Die Tage dieser Interessenkoalition könnten nun nicht nur dank des Selbstbedienungs-Skandals gezählt sein: Die HHA steht unter Wettbewerbsdruck. Politiker, Kunden und Mitarbeiter lassen sich schlechte Nahverkehrspolitik, überhöhte Kosten und antiquiert-autoritäre Personalführung nicht mehr bieten.

Ein Betriebsratsmitglied zur taz: „Der Betriebsrat muß endlich wieder die Belegschaftsinteressen vertreten. Es kann nicht angehen, daß hier ein Geheimclub mit dem Vorstand alles aushandelt und uns vor vollendete Tatsachen stellt.“