Fauler Kompromiß

■ Kampnagel: Büros, aber keine Sanierung

Nun sind die Weichen gestellt: Bei einem Gespräch auf Leitender-Fachbeamten-Ebene in der Stadtentwicklungsbehörde (Steb) wurden jetzt die Grundzüge der zukünftigen Randbebauung von Kampnagel festgelegt. Der dabei ausgehandelte Kompromiß zwischen den konträren Positionen von Finanz-, Kulturbehörde und Bezirk birgt einige positive wie negative Überraschungen in sich. Denn anders als nach allen bisherigen Plänen soll das Gelände jetzt doch nur punktuell bebaut werden.

An der Ecke Jarrestraße/Barmbeker Straße soll ein Büro-Riegel entstehen, der die Traufhöhe der Altbauten an der Barmbeker Straße erreichen kann, und an Stelle der vorderen Fundushalle am Kanal wird ein weiterer Bürosolitär geplant, der aber die Ecke des Geländes frei läßt. Das heißt, daß sowohl die Barmbeker Straße unbebaut bleibt, als auch, daß der Riegel an der Jarrestraße eine großzügige Unterbrechung erfährt. Da nämlich das Kampnagel-Casino an der Jarrestraße nicht abgerissen werden kann, weil weder ein möglicher Investor noch die Stadt die Verlagerung der dortigen Gastronomie finanzieren würde, bleibt der Kulturfabrik der größte Schrecken vorläufig erspart: Ein Heranrücken der Neubauten unmittelbar an die Haupthalle 6 ist erstmal abgewendet.

Auch der grundsätzliche Verzicht auf Wohnbebauung auf dem Gelände kommt den Interessen des Theaters entgegen – der gefürchtete Dauerkonflikt wegen Lärmbelästigung entfällt. Allerdings hat dieser Gewinn eine äußerst schmerzliche Kehrseite. Denn durch die neue Konstruktion erübrigt sich die Hoffnung der Kampnagel-Betreiber, man könne in einer Art Tauschgeschäft die Grundsanierung der maroden Hallen von einem potentiellen Investor finanziert bekommen. Bei einer Wohnbebauung gegenüber den Hallen hätte für Kampnagel eine völlig neue Eingangssituation zur Barmbeker Straße geschaffen werden müssen.

Das bedeutet, daß die Sanierungsmittel von 12 bis 17 Millionen Mark, die Kampnagel in den nächsten zehn Jahren benötigt, von der „armen“ Kulturbehörde aufgebracht werden müssen. Und diese Konsequenz könnte auf lange Sicht genauso tödlich sein wie eine Randbebauung mit Wohnungen. tlb