Teure Sonderwünsche

■ Prostituierte betrügt sechs Freier mit EC-Karte / Zehn Monate Haft auf Bewährung Von Kai von Appen

Wenn es nicht nur um die Auslegung des Strafgesetzbuchs ginge, sondern auch Dummheit als Straftat geahndet würde, hätte gestern nicht Silke K. auf der Anklagebank sitzen müssen, sondern sechs Männer. Doch so mußte sich die 30jährige Prostituierte wegen Betrugs in 17 Fällen verantworten. Vorwurf: Sie habe sechs Intim-Kunden die EC-Karte samt Geheimnummer entlockt und dann am Geldautomaten größere Geldmengen abgehoben, insgesamt: 17 800 Mark.

Anfangs zierte sich die Frau noch: „Es kann möglich sein, daß es bei dem älteren Herrn so war. Dem sollte ich das Geld holen, weil er Sonderwünsche hatte.“ Doch im Laufe der Verhandlung verstand die 30jährige den Wink des ihr durchaus wohlgesonnenen Amtsrichters Krispien. Der Deal: Bei Geständnis Rabatt. Ja, sie habe abkassiert, so die im dezenten sportlichen Jeans-Outfit erschienene Silke K.

Ganz einfach war sie ans Geld gekommen: Wenn ein Kunde in ihrem Appartment „Sonderwünsche“ hatte, habe sie Nachforderungen gestellt. Die Männer – alles andere im Sinn, als zum Geldautomaten zu tapern – gaben ihr bereitwillig die EC-Karte. Einmal hob K. innerhalb weniger Minuten nicht nur die zusätzlich geforderten 50 Mark ab, sondern weitere Beträge: Erst 1 400 Mark, dann 400, und noch einmal 2 000. Siebzehn Geldbeträge – insgesamt 17.800 Mark – kassierte K. im vergangenen Jahr mit dem Trick von sechs Freiern. Im September flogen die Betrügereien auf: „Danach habe ich aufgehört.“

Die Abzock-Methode erregte dennoch das Interesse des Anklägers: „Warum haben sie denn verschiedene Beträge abgehoben und nicht immer den Höchtsbetrag? War das System?“ K. stockte: „Weiß ich nicht.“ „Wieviel Geld bekam man überhaupt auf EC-Karte?“ „Normalerweise 1 000 Mark“, so K., aus der es plötzlich herausplatzte: „Bei einer gab es allerdings auch 2 000 Mark.“

Alle Prozeßbeteiligten waren sich einig, bei der Nicht-Vorbestraften Milde walten zu lassen. „Als ich die Akte gelesen habe, dachte ich, das sollte wohl ein Scherz sein“, so Krispien verständnisvoll, „man hat Ihnen das besonders einfach gemacht hat. Die Geschädigten müssen mit dem Klammerbeutel gepudert gewesen sein.“ Das Urteil: Zehn Monate auf Bewährung.

Bedeutend schwerer dürfte für Silke K. jedoch die Auflage zur Wiedergutmachung sein. In den kommenden drei Jahren muß sie monatlich ein Drittel ihrer 1 500 Mark an Einnahmen für das Anschaffen an die Freier zurückzahlen. Krispiens liebevoller Hinweis zum Schluß: „Ich hoffe, Sie tun nur noch das, was ich gesagt habe: Keine Betrügereien mehr und kein Beischlaf-Diebstahl.“