■ Soundcheck
: Offspring / Heather Nova

Gehört: Offspring. Heavy-Bratzbrüll-Akkorde und ein netter Sänger mit dem richtigen Rotzschmirgel in der Stimme besorgten für die ausverkaufte Fabrik eine Party, wie sie dort wohl lange nicht mehr gegeben worden ist. Jeder Takt bedeutete ein Startsignal, und jede Zeile wurde zur Hymne erhoben. Im Mittelschiff der zur Punk-Republik ausgerufenen Fabrik hingen die Beine in die Höhe wie sonst in dem Kinderlied über die Entlein ihre Schwänzchen. Das wohlweislich gesicherte Mischpult wackelte unter den Anwo-genden, als wäre King Kong der Handrücken ausgerutscht. Offspring erwischten die letzten Nörgler zunächst auf dem einen, dann auf dem anderen möglichen falschen Fuß, die darauf fast wie von alleine Highspeed-Begeisterungstänze vollführten. Die meisten waren da, um die Offspring-Hits zu feiern, solange sie noch nicht aus den Charts rausfallen. Dagegen ist nichts zu sagen. Kristof Schreuf

Gehört: Heather Nova. Massen sind manipulierbar, das weiß jeder. Aber daß gut tausend Hamburger Normalos beim erfreulichen Anblick der Heather Nova in der Großen Freiheit derart erblindeten, daß sie auf die billigsten Mädchentricks genau so reagierten wie vorgesehen, das stimmt dann doch depressiv. Ein Blick gen Himmel, eine aus der honigfarbenen Stirn gepustete, widerspenstige Haarsträhne, schon unterstellt und mitfühlt die ganze Belegschaft sympathische Nervosität. Frau Nova weiß das und lächelt und tänzelt, daß es kracht. Das muß sie auch, um nämlich zu verbergen, daß sie und ihre Kapelle nicht annähernd in der Lage sind, die anmutig-sphärischen Songkonstrukte von der Platte in den öffentlichen Vortrag zu bugsieren. Die horrenden vokalen Vorgaben der Konserve erwiesen sich als Spielverderber, das unerwartet dünne Stimmchen ließ den Blick frei werden auf müde Rockgebilde. Ergo bedarf es dem Verteilen von Blumen an die erste Reihe, was dem Kritiker zuletzt bei Jule Neigel begegnete. Gen Ende muß dann auch noch Neil Young herhalten, was in diesem Zusammenhang so anmaßend wirkt, als vergingen sich die Scorpions an Rondo Veneziano. Schließlich wird klar: Heather Nova ist nur eine Mariah Carrey für Abiturienten. Die ihr unterstellte „selbstbewußte Rockfrau“ existiert nicht. Sie bedient im wirklichen Leben solch steinzeitliche Mechanismen, daß sie die Erkenntnis freilegt wie ihren Bauchnabel, dies ist die Regression der Emanzipation. B. v. Stuckrad-Barre