Zurück zu einstiger Größe

Der neue Heilsbringer Abedi Pelé hielt sich beim 4:0 der Sechziger gegen den schwachen SC Freiburg noch vornehm zurück  ■ Aus München Werner Steigemann

Es ehrt Volker Finke, den Trainer des SC Freiburg, daß er sich nach dem Debakel gegen die Münchner Löwen schützend vor seine Mannschaft stellte. „Mir tun die letzten 20 Minuten weh, in denen wir vier Treffer kassierten. Meine aus der Not geborene Elf spielte bis zu diesem Zeitpunkt gut.“ Mithalten konnte seine Mannschaft in den ersten 70 Minuten aber nur deshalb, weil die Münchner bloß bescheidene Versuche anstellten, das Tor des Gegners zu gefährden.

Es wird in der augenblicklichen Verfassung der Freiburger schwer werden, das von Finke umrissene Saisonziel – absichern nach unten und dann sehen, was kommt – zu erreichen, denn das Ergebnis täuscht über die wahre Leistung seiner Mannschaft hinweg: Es waren mehr als die vier Tore für 1860 drin. Die bekannte mangelnde Chancenauswertung, drei umstrittene Abseitstore und der Pfosten retteten die Breisgauer vor einer noch größeren Blamage. Nimmt man den Torhüter Beneking aus, so erbrachte kein Abwehrspieler der Freiburger eine annähernd bundesligareife Leistung. Finke versuchte, aus der Verletzungsnot eine Tugend zu machen, indem er drei Angreifer auf das Feld brachte, „um sich nicht hinten reindrängen zu lassen“. Doch weder Buric noch Wassmer oder Decheiver konnten sich gegen die Löwenabwehr durchsetzen. Finke bleibt die Hoffnung auf die Wiedergenesung seiner verletzten Spieler und die Vermutung, daß es noch andere Mannschaften in der Bundesliga gibt, die derselben Leistungsstärke entsprechen.

Ganz anders präsentierten sich die Münchner Löwen. Ihr Trainer Werner Lorant, das polternde Gegenstück zum dozierenden Finke, machte seine Taktik für den ersten überzeugenden Sieg der Mannschaft in dieser Saison verantwortlich. Er sprach von Geduld und Sicherung der Abwehr. Die hinteren Reihen hatte er mit dem fußballerischen Unikum Miller verstärkt, Libero Trares hinter die Abwehrkette beordert und Dauerläufer Jeremies beauftragt, im defensiven Mittelfeld die kläglichen Angriffe der Freiburger einzuschränken. Damit hatten Nowak und Neuzugang Abedi Pelé alle Freiheiten nach vorne. Zudem ließ Lorant den für den verletzten Schwabl ins Team gekommenen Heldt am linken Flügel offensiv spielen, so daß mit ihm, Winkler und Cerny drei Angriffsspitzen zur Verfügung standen.

Ob die vier Tore sich auf die Taktik des „Einmanndemokraten“ Lorant zurückführen lassen oder auf der spielerischen und läuferischen Unterlegenheit der Freiburger basieren, sei dahin gestellt. Die Lobeshymnen erntete jedenfalls der Trainer, zumal er mit der Einwechslung von Borimirow, dem Lorant öffentlich südländisches Phlegma bescheinigt hatte – was immer das auch ist – den Wendepunkt des bis dahin glanzlosen Spiels ermöglichte. Der müde Pelé verließ das Feld, und Borimirow erzielte 17 Sekunden nach seiner Einwechslung das Führungstor. Daß er dies vollbringen durfte, lag allein an Nowak, der unbedrängt durch die gesamte Freiburger Abwehr dribbelte.

Danach löste sich die Freiburger Mannschaft endgültig in ihre Bestandteile auf. Nowak erzielte per Kopf das zweite Tor. Borimirow vollendete nach Vorarbeit von Cerny zum 3:0, und Winkler düpierte Beneking mit einem Schuß durch die Beine zum 4:0.

Die Löwen wären nicht die Löwen, würden sie sich nach dem in den Augen ihrer Anhänger glänzenden Sieg nicht neue Ziele setzen. Sprach man vor der Partie gegen die Freiburger von einem Schicksalskampf gegen den Abstieg, so spielt man nach Ansicht der Löwenfamilie 90 Minuten später um einen UEFA-Cup-Platz. Bewirken soll dies Abedi Ayew Pelé. Der alles beherrschende Präsident Wildmoser überwand seine Sparsamkeit und sprengte mit der Verpflichtung eines Stars den bisher biederen Finanzrahmen. Lorant war mit der Leistung von Pelé zufrieden, trotz offensichtlicher konditioneller Mängel, die er, Lorant, gern bereit sei, abzustellen. Dann soll die einstige Größe der Münchner Löwen zurückkehren.

SC Freiburg: Beneking - Vogel - Buric (65. Korell), Spanring - Spies, Frey, Zeyer, Marasek (70. Heidenreich), Wagner - Wassmer (65. Jurcevic), Decheiver

Zuschauer: 28.200

Tore: 1:0 Borimirow (57.), 2:0 Nowak (73.), 3:0 Borimirow (76.), 4:0 Winkler (80.)

TSV München 1860: Berg - Greilich, Miller, Trares - Walker, Cerny (83. Ernst), Jeremies, Heldt (75. Böhme), Nowak - Winkler, Abedi Pelé (56. Borimirow)