■ Querspalte
: Neues vom Callgirl Jutta D.

Dreingaben habe ich noch nie gemocht. „Und das ist noch für Sie, gratis selbstverständlich.“ Eine Parfümprobe, wo man doch nur Gallseife kaufen wollte oder ein Schlüsselanhänger, nur weil man einen neuen Mercedes erstanden hat. Nein, entweder sind diese kleinen Aufmerksamkeiten so peinlich oder so billig, daß mein Onkel Eugen (Gott hab ihn selig) noch im Grabe recht behält: „Was nichts kostet, taugt auch nichts.“ Wäre also Onkel Eugen an der Türe gestanden, als „Call a Pizza“ brought a Pizza, er hätte dem Ausfahrer die Gratiszeitschrift um die Ohren gehauen oder die Annahme samt Pizza verweigert.

Aber ich stand an der Türe und konnte wieder einmal nicht nein sagen. Seither kenne ich die Zeitschrift Beast – Untertitel „Willkommen in der neuen Zeit“ – das neue Magazin für die Pizzapause, zum Nebenherlesen. Ich riß gerade eine Seite heraus, um mir das Fett von den Lippen zu wischen, als ich ihren Namen las: Jutta Ditfurth, my love, die früher, in den Achtzigern, eine Gallionsfigur des fundamentalistischen Flügels der Grünen war. Lange nichts von ihr gehört, jetzt hegt sie also literarische Ambitionen und schreibt Kurzgeschichten. Ihre Kurzgeschichte trägt den Titel „Schönen Urlaub“, und ich liebe Kurzgeschichten von Leuten, die nicht schreiben können, weil ich auch keine Kurzgeschichten schreiben kann und zu Neid und Mißgunst neige.

Insofern zählt Jutta Ditfurths Kurzgeschichte (es soll ihre erste veröffentlichte sein) zu den schönsten, die ich je gelesen habe, weil sie nicht nur schlecht geschrieben ist, sondern auch eine komplett blödsinnige Handlung hat (deutsche Urlauber sterben an unbekanntem Virus, alle bekommen Pickel und Pustel). Literatur als Dreingabe. Kein Buchhändler würde auf die Idee kommen, zum neuen Härtling noch eine Portion Spaghetti Bolognese draufzulegen. Nur andersherum geht das. Das finden wir normal.

Heute noch gehe ich zu McDonalds. Mal nachfragen, ob Helmut Kohls Biographie schon erschienen ist. Philipp Maußhardt