„Wer Ruhe bewahrt, kann Probleme lösen“

■ Nach dem 0:3 gegen den HSV will St.- Pauli-Coach Uli Maslo „Flagge zeigen“

Hamburg (taz) – Einen Moment lang war Heinz Weisener nach dem 0:3 im Lokalderby gegen den Hamburger SV desorientiert. Als es darum ging, zur Pressekonferenz zu schreiten, benötigte der Präsident des FC St. Pauli gleich zwei Anläufe, bis er endlich auf dem richtigen Stuhl saß. Zuerst hatte der 68jährige neben HSV- Trainer Felix Magath Platz nehmen wollen, was verständlich gewesen wäre: Unter und neben Siegern fühlt man sich doch wohler. Dann aber bemerkte „Papa Heinz“ seinen Irrtum, murmelte Magath im Vorbeiwinden höflich „Glückwunsch“ zu und fand sich schlußendlich dort ein, wo er hingehörte – bei den Losern, neben Uli Maslo, seinem Übungsleiter.

Die Wiedersehensfreude hielt sich in Grenzen, viel zu sagen hatten sich die beiden nicht. Störte keinen, die Situation sprach für sich selbst. Gegen neun Mann verloren, dritte Bundesliga-Niederlage am Stück, dabei zehn Tore kassiert und keines geschossen – es gibt geeignetere Augenblicke, um öffentlich Herzlichkeiten auszutauschen. Uli Maslo war ebenfalls nicht zu Scherzen aufgelegt. „Sehr enttäuscht“ sei er, doch es gebe keinen Grund, in Sack und Asche zu gehen: „Wir werden uns sicherlich einige Tage ausweinen, dann aber die Ärme hockkrempeln und wieder Flagge zeigen.“

Gleich die weiße? Oder wird noch einmal der Totenkopf gehißt? Der FC St. Pauli auf Kaperfahrt, die Freibeuter der Liga entern sich zum Klassenerhalt? Ein schwieriges Unterfangen, die Beute könnte spärlich sein. Derzeit wirken Pröpper & Co. so handzahm, daß man ihnen kaum zutrauen mag, auch nur Legoland oder Taka-Tuka zu erobern. „Da war schon Resignation im Spiel“, hat auch Maslo erkannt. Bis Libero Dirk Dammann und Torwart Klaus Thomforde wieder mittun können, will sich Maslo die Zeit mit Fehleranalyse vertreiben. Sich selbst scheint der ehemalige Sportlehrer dabei aussparen zu wollen: „Sie müssen die Spieler fragen, warum sie nicht fit sind.“ Nun ja, trainieren die sich neuerdings selber? Verantwortlich für die Misere möchte Maslo jedenfalls nicht sein. Die „Durststrecke“ sollen wohl andere laufen. Er könne nichts tun, „das ist die Ohnmächtigkeit des Trainers“. Gäbe es für Selbstgerechtigkeit Punkte, der FC würde in der Champions League spielen.

Vereinsboß Weisener mag sich der freien Interpretation seines leitenden Angestellten nicht anschließen. „Es liegt an den sportlich Verantwortlichen, neuen Schwung in die Sache zu bringen“, ermahnt der millionenschwere Mäzen den Coach, den er schon vor Wochenfrist öffentlich zusammengefaltet hatte. Damals hatte Maslo die mangelnde Bereitschaft, bei Neuverpflichtungen ein größeres Risiko einzugehen, kritisiert. Der Rüffel ließ nicht auf sich warten: Das sei „vereinsschädigendes Verhalten“, wetterte Weisener, der es dennoch weit von sich weist, über Maslos Entlassung nachzudenken. „Wer jetzt die Trainerfrage stellt, macht es nicht richtig“, erklärte er nach dem Debakel.

Wohl wahr, noch ein, zwei Niederlagen warten, dann wäre der Zeitpunkt passender. Das weiß auch Maslo, der seinem Präsidenten verständlicherweise von solchen Erwägungen abrät, weil er auch gerne beim 125. Jubiläumsderby noch mit dabei wäre. „Nur wer Ruhe bewahrt, kann Probleme lösen.“ Sonst, so menetekelte er, werde es so kommen wie vorige Saison in Frankfurt und Kaiserslautern. Ob das Eindruck macht? Am Millerntor wären etliche froh, wenn der selbstherrliche Herr Maslo bald weg wäre.

Der ehemalige Trainer und jetzige Manager Helmut Schulte, dem nachgesagt wird, er würde im Fall der Fälle bereitstehen, machte sich nach dem Derby fix aus dem Staub. Was hätte er auch sagen können? Wieder dementieren? Maslo ein paar aufmunternde Worte? Das übernahm Felix Magath. „Alles Gute, Uli.“ Jenseits des Rasens verkehrte Welt in Hamburg, nichts an seinem Platz. Clemens Gerlach

FC St. Pauli: Böse - Pedersen - Stanislawski (63. Stisi), Trulsen - Hanke, Eigner, Pröpper, Bochtler (24. Scharping), Springer - Sobotzik, Emerson (46. Driller)

Zuschauer: 47.356; Tore: 1:0 Bäron (45.), 2:0 Schopp (47.), 3:0 Breitenreiter (90.)

Gelb-rote Karte: Kmetsch (61.) wegen wiederholten Foulspiels

Rote Karte: Schnoor (4.) wegen Notbremse

Hamburger SV: Golz - Fischer, Schnoor, Henchoz, Hollerbach - Schopp, Kmetsch, Schupp (72. Hartmann), Spörl (90. Breitenreiter) - Bäron, Ivanauskas (63. Kovacevic)