Billig heilen in weniger Betten

■ Sparsamer als der Senat: 24.000 Krankenhausbetten reichen aus, meint Ärzte- kammerpräsident Huber. Gesundheitssenatorin gegen demokratische Planung

Die Vorschläge von Ärztekammerpräsident Ellis Huber, das Berliner Gesundheitswesen von Grund auf zu reformieren, haben gestern geteilte Reaktionen ausgelöst. In dem von Huber und dem Vizepräsidenten der Ärztekammer, Günther Jonitz, unterzeichneten 19seitigen Papier legen sie dar, wie die Gesundheitsversorgung kostengünstiger und zugleich qualitativ besser organisiert werden kann.

Zu den Kernstücken gehören ein leistungsgerechtes Honorarsystem für Ärzte, der Abbau von Bürokratie und eine engere Vernetzung der ambulanten und stationären Behandlung. Zu diesem Zweck sollten Krankenhäuser ihre Betten je nach Behandlungszweck differenzieren. Ob es sich um ein Bett für akute Behandlung oder stationäre Pflege handelt, danach richtet sich dann auch die Bezahlung. Die Krankenhäuser sollen ihr Versorgungsangebot stärker auf die Region ausrichten und besser mit niedergelassenen Ärzten verzahnen. Beim Abbau von Krankenhausbetten gehen Huber und Jonitz sogar über den von der Senatsgesundheitsverwaltung anvisierten Abbau auf 26.500 Betten bis Ende 1999 hinaus. Sie halten 24.000 Krankenhausbetten für ausreichend.

Der Vorschlag, daß die drei Unikliniken ihre Bettenzahl drastisch auf je 800 reduzieren, dürfte dort erheblichen Widerstand auslösen. Die Unikliniken hatten im Zusammenhang mit Fusionsplänen immer argumentiert, daß eine Uniklinik mit weniger als 1.000 Betten die Forschungsmöglichkeiten einschränken werde. Nach Hubers Vorstellung sollten die Unikliniken außerdem etwa ein Viertel ihrer Betten für die einfache Patientenversorgung umwidmen.

Dieser Vorschlag wurde auch von der Allgemeinen Ortskrankenkasse begrüßt. „Ein normaler Blinddarm muß doch nicht in der Uniklinik operiert werden“, erklärte AOK-Sprecher Friedrich Abraham. Dies sei für die Kassen viel zu teuer. Auch den Vorschlag, Betten stärker nach ihrem Behandlungszweck zu differenzieren, begrüßte Abraham. Auf diese Weise könnten etwaige Fehlbelegungen schneller aufgedeckt und Kosten gespart werden.

„Die Krankenhäuser müssen zu Trägern innovativer Veränderungsprozesse werden“, fordern Huber und Jonitz, der zugleich stellvertretender Vorsitzender des Marburger Bundes, der Interessenvertretung der Krankenhausärzte ist. Die Personal- und Sachkosten der Verwaltungen könnten schätzungsweise um 40 Prozent verbilligt werden. Überkapazitäten in der Verwaltung, bei Wirtschafts- und Versorgungsdiensten müßten abgebaut werden.

Zur Umsetzung des Reformvorhabens schlagen Huber und Jonitz vor, einen „Landesgesundheitsrat“ als Leitungs- und Steuerungsgremium zu schaffen, in dem Senatsgesundheitsverwaltung, Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigung, Ärztekammer und ein Vertreter der Krankenpflege an einem Tisch sitzen. Ein solches Gremium könne dazu beitragen, „das Gegeneinander von eigennützigen Interessen zugunsten der gemeinsamen Reformaufgabe (zu) überwinden“.

Die Sprecherin der Senatsgesundheitsverwaltung, Gabriele Lukas, erteilte diesem Vorschlag eine klare Absage: „Die Zuständigkeit für die Planung des Gesundheitswesens liegt eindeutig bei der Gesundheitssenatorin.“ Sie verwies außerdem darauf, daß es ein Beratungsgremium „Gesundheit 2000“ in eben der von Huber vorgeschlagenen Zusammensetzung gebe, dem der Präsident der Ärztekammer selbst angehöre. Außerdem werde in zwei Modellkrankenhäusern eine vorbildliche Verzahnung von ambulanter und stationärer Behandlung bereits erprobt. Dorothee Winden