Das Leben als Körper und Licht spüren

■ Crash Worship trommeln zwischen Urschreitherapie und extremer Rock-Performance

Über den Bildschirm zucken Farben und Formen, helle Punkte blitzen auf. Nur schwerlich lassen sich den verschwommenen Konturen Dinge zuordnen, Menschen zumeist, dann Fässer, dann Feuer. Das ist Crash Worships Video: ein Wust aus Körpern und Licht. Das ist ihre Selbstdarstellung. Tonträger gibt es zwar, aber keinen Text, keine Zuschreibungen. Das was klingt, während die Bilder zucken, ist nahezu purer Rhythmus von Schlagzeug, großen Trommeln und Fässern. Der Terminus „Tribal“ liegt in der Luft. Doch „Tribal“ kommt von „Tribe“ gleich „Stamm“, und als solchen möchte sich die Band nicht verstanden wissen.

Crash Worship haben Probleme mit Kategorien. Das teilen sie mit fast allen Musikern der Neunziger. Doch wo die allermeisten dieser Pseudo-Dissidenten trotz und wegen der Fortschritte in Sound und Technik an Rock oder Blues-Klischees kleben, orientiert sich das Kollektiv aus San Diego an den absoluten Ursprüngen: an Erde, Feuer und Wasser. Damit stehen sie an einer exponierten Stelle, jenem Punkt, wo sich zwei Bewegungen begegnen. Aus den Wäldern und Schwitzhütten, den Urschreitherapien und Trommel-Workshops kommt die esoterische Klientel, die über die Einstürzenden Neubauten, GWAR oder die hiesigen Missing Foundation auf Weiterentwicklungen extremer Rock-Performance treffen. Crash Worship sind eine Art Essenz all dessen. Ihre Erde ist der Rhythmus, der anschwellende, der handgeschlagene. Darauf setzen sie mit offenen Feuerstellen und ins Publikum gerichteten Feuerlöschern ihre Akzente, so wie auf Techno oder House-Rhythmen Samples und Melodien liegen. So wie spartanischer, im Rhythmus arbeitender Techno das Attribut „intelligent“ bekommt, wären Crash Worship „intelligent Tribal“ – wenn sie denn Tribal wären. Ihre Instrumente sind selbstgebaut und bizarr, keine beschwörenden Gesänge oder Gitarrenteppiche matschen die Flächen zu und in ihrer perkussiven Arbeit erreicht das offene Quintett fast die Qualitäten von Drum'n'Bass.

Ähnlich der ebenfalls diese Woche auftretenden Künstlerin Diamanda Galas sehen Crash Worship ihr Publikum als Ar-beitsfläche, als zu formendes amorphes Gebilde. Doch im Gegensatz zu Galas hat dieser Versuch, das Leben zu spüren, bei Crash Worship ein ganz anderes Gesicht – nämlich Trance oder Spaß. Dieser Spaß schließt den vollen körperlichen Einsatz bis hin zu Verletzungen ein. Doch wie sagte schon die hanseatische Freiheits-Ikone Störtebeker: Lieber tot als Sklave. Di, 24. September, 21 Uhr, Markthalle