Man muß ein Plakat knistern hören

■ What a Fehling! Die Universitätsbibliothek zeigt Plakate und Zeichnungen des Werbegraphikers der fünfziger Jahre: Heinz Fehling, Schöpfer des „Veedol-Mädchens“

Den ganzen Tag lang hetzen Studenten, Professoren und Angestellte an ihnen vorüber – Heinz Fehlings blonde junge Damen aber lächeln; gelassen und unnahbar. Im Foyer der Universitätsbibliothek, wo die Plakate des Nachkriegs-Werbegraphikers leider nur noch bis morgen zu sehen sind, räkeln sie sich spärlich bekleidet auf einem Sessel oder schmiegen sich langbeinig an ein schnelles Auto. Zwar hat ihr Teint in den letzten 40 Jahren ein bißchen Patina angesetzt, darunter aber ist ihre seltsam keimfreie Erotik immer noch spürbar.

Wie stark war wohl erst ihre Wirkung auf die Zeitgenossen? Der „Weser-Kurier“ tadelte 1948 mit väterlicher Strenge: „Haben die kühn geschwungenen Beine eines in Rückansicht niedergebeugten Mädchens etwas mit dem Gemüse zu tun, um das sie sich bemüht? Wir kennen dieses Plakat in Bremen. Denken wir beim Betrachten auch immer nur an Kohlköpfe und Wurzeln?“ Daß einem beim Betrachten seiner Bilder eben nicht nur Kohlköpfe einfielen - genau das machte Heinz Fehling zu einem der erfolgreichsten Werbegraphiker der fünfziger Jahre.

Begonnen hatte sein Aufstieg aber schon lange vorher: 1933, nach einem Studium an der Bremer Kunstgewerbeschule, als Hausgraphiker des legendären „Astoria“. In seinen Auftragsarbeiten spiegelt sich der Lauf der Geschichte. Während sein Plakat für „Renato Rappaini - die beste italienische Faschisten-Kapelle“ noch beinahe unschuldig wirkt, machen spätere Bildunterschriften wie „Durch Härte und Opfer zum Sieg“ ganz klar, wem der begabte Graphiker sein Talent zur Verfügung stellte: den Nazis.

Als es mit deren Sieg dann endgültig nichts geworden war, fiel Fehling schnell auf die Füße. In den konsumfreudigen Nachkriegsjahren kam seine Karriere erst richtig in Schwung. Er erkannte die Zeichen der Zeit und propagierte einen direkten, fast aggressiven Werbestil, den er den Amerikanern abgeschaut hatte: „Mit einem erotischen Mädchen auf dem Werbeplakat bringe ich sogar alte Kämme und gebrauchte Kochtöpfe unter die Leute. Aber merken Sie sich eins: Wenn ein Mann so ein Plakat sieht, muß er es knistern hören!“

Heinz Fehling war mehr als der Maler kurvenreicher Sex-Göttinnen. Er schuf einige der Archetypen der fünfziger Jahre: Neben der Banane mit dem Reißverschluß, die später sogar von Andy Warhol variiert wurde, lebt vor allem sein „Veedol-Mädchen“ noch im kollektiven Gedächtnis der über Fünfzigjährigen. Werbegeschichte machte er damit übrigens, weil er der erste war, der das zu bewerbende Produkt, ein Motorenöl, überhaupt nicht mehr im Bild zeigte - er und nicht etwa die Werbeabteilung von Benetton.

1953 nahm Heinz Fehlings Leben eine tragische Wende: An Multipler Sklerose erkrankt, konnte er bald nicht mehr exakt zeichnen. Mit gerademal 40 Jahren gab er seinen Beruf auf, zog sich von der Öffentlichkeit zurück und verbrachte die letzte Zeit seines Lebens in einem kleinen Zimmer, dessen Wände dicht behängt waren mit den Arbeiten seiner erfolgreichen Jahre.

Die Stellwand-Ausstellung in der Universitätsbibliothek bietet jetzt auch anderen Menschen die Gelegenheit, Fehlings Arbeiten im Überblick zu sehen. Da es zu den Plakaten, Zeichnungen und Aquarellen nur äußerst spärliche Angaben gibt, sind Interessierte auf den Katalog angewiesen, der mit seinen vielen Farbbabbildungen seine 30 Mark wert ist. Ein Fehling-Bild allerdings fehlt darin, genauso wie in der Ausstellung. Die Besitzerin hat es nämlich erst vor wenigen Tagen aus dem Keller geholt, wo es dreißig Jahre lang vor sich hin moderte. Für die Bremer „Park-Bäckerei“, die es schon seit den Sechzigern nicht mehr gibt, hat Fehling eine Blondine im adretten rot-weiß-gestreiften Kleid ins Bild gesetzt. Sie hält dem Betrachter einen Bremer Klaben entgegen, der vor Sultaninen und Zitronat nur so funkelt. Blondine und Klaben werden jetzt in der Restaurierungs-Werkstatt sorgfältig gewässert und getrocknet, bevor sie Ende September mit den anderen Exponaten zurück in die Bestände des „Scheeßeler Heimatvereins“ wandern.

Anja Robert

Heinz Fehling, „Plakatkunst und Werbung“, Foyer der Universitätsbibliothek Bremen, Bibliothekstraße 1. Die Ausstellung ist leider nur noch heute und morgen von jeweils 9 bis 20.00 Uhr zu sehen.