Wer schwitzt, der sitzt

■ Nicht nur für'n Arsch: Der neue Drogentester "Drugwipe" kann sogar kleinste Mengen Cannabis im Schweiß nachweisen

Das Ding sieht aus wie eines von diesen neumodischen Schnickschnack-Fieberthermometern. Aber die Delirien, die es mißt, haben nicht viel mit gestiegener Körpertemperatur zu tun. Gemessen wird vielmehr der Drogenpegel.

„Drugwipe“ heißt das Modell, das Kiffern, Sniffern und Schluckern das Fürchten lehren soll. Es kann kleinste Mengen von Drogen im Körperschweiß oder auf Oberflächen nachweisen – ohne aufwendige Labortests. Derzeit sind die Ex-und-hopp-Tester für Cannabis, Opiate und Kokain zu haben, ein Amphetaminometer kommt nächstes Jahr auf den Markt. Die Polizeidienststelle Waiblingen im tiefen Schwabenland hat sich zum Vorreiter der neuartigen Drogenkontrolle gemacht. Für ein Jahr testet sie die Methode – bei Erfolg wird die gesamte baden-württembergische Polizei mit dem Tester ausgerüstet. Vorrangig im Straßenverkehr werden die Drugwipes eingesetzt, um berauschte Autofahrer aus dem Verkehr zu ziehen. Polizeidirektor Franz Knupfer erklärt, wie's funktioniert: „Haben Sie schon mal beim Griechen gegessen? Den Knoblauch scheiden sie teilweise durch die Poren wieder aus.“ Und ganz ähnlich funktioniere das mit den Drogen.

Die Grüne Hilfe, ein bundesweites Netzwerk von Beratungsstellen für straffällig gewordene Cannabisfreunde (s. Seite 7), ist alarmiert. In letzter Zeit rufen verstärkt Kiffer aus dem Waiblinger Raum an, um Rat zu suchen oder telefonisch ihren Umstieg von Cannabis auf Ecstasy mitzuteilen, weil Amphetamine eben noch nicht nachweisbar sind. „Der Test schlägt offensichtlich bereits dann an, wenn man sich nur in einem Raum aufgehalten hat, wo gekifft wurde“, beschreibt ein Berater der Grünen Hilfe die Schlagkraft des Drugwipe.

Die Geräte sollen eine Trefferquote von 95 Prozent haben, sagt Ralf-Peter Berg von der Herstellerfirma Securetec aus München. „Doch jeder Körper reagiert anders“, fügt er hinzu. Ob genug Nachweisstoffe auffindbar seien, hänge nicht nur von Menge und Zeitpunkt des Drogenkonsums ab – auch die Körperhygiene spiele eine Rolle. Wo Schweiß ist, kann gewischt werden.

Für zehn Mark das Stück bietet Securetec die Drogenschnelltests an. Allerdings können sie nur einmal benutzt werden, danach wandern sie in den Müll. Drogenmengen von einem milliardstel Gramm sollen damit in Schweiß, Flüssigkeiten oder auf Oberflächen nachweisbar sein. Verfärbt sich ein kleines Stück Vlies an dem Plastikstab, ist das ein fast untrügliches Zeichen dafür, daß die gesuchte Droge im Spiel ist.

Es gibt aber noch einige Schönheitsfehler. Das Drugwipe bietet nur einen Vortest, einen ersten Hinweis auf den Drogenkonsum. Zudem muß sich jeder Getestete damit einverstanden erklären, daß ihm das Drugwipe in seine Achselhöhle gesteckt wird. Tut er das nicht, müssen Verdachtsmomente vorliegen, damit ein Test angeordnet werden kann. Beim Alkohol genügt die untrügliche Fahne – doch auf Drogendiagnosen sind die grünen Helfer nicht geschult. „Das kommt zu früh“, befindet schließlich auch Polizeidirektor Knupfer. Denn bislang ist Autofahren unter Drogeneinfluß nicht ausdrücklich verboten, nur aufgrund des Strafgesetzbuchs kann Drogenkonsum bestraft werden. Das Straßenverkehrsgesetz hat hier noch eine Lücke.

Die soll jetzt geschlossen werden: Nach einem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll Paragraph 24a des Straßenverkehrsgesetzes so geändert werden, daß das Autofahren unter Drogeneinfluß bald als Ordnungswidrigkeit gilt. Zu deutsch: Strafzettel und Fahrverbot für Drogenfahrten. Bis zu 3.000 Mark Strafe und drei Monate Führerscheinentzug soll der Bundestag nächstes Jahr beschließen, vielleicht wird es sogar noch mehr. Die Chancen, daß der Vorschlag zum Gesetz wird, stehen nicht schlecht.

Auch der Zoll hat das Drugwipe schon längst entdeckt. Seit 1994 gab es drei Testphasen für das Gerät. Nun setzen die Drogenfahnder zum großen Schlag an: Sie orderten 35.000 Plastikstäbchen, 13.500 sind bereits ausgeliefert. Der Bundesfinanzminister stimmte außerordentlichen Ausgaben von 300.000 Mark zu – seit Anfang dieses Jahres sind die Plastik-Drogenfahnder im Einsatz.

Auf Flughäfen, durch Überwachungsgruppen, Zollfahndungsdienste und Grenzaufsichtsbehörden wird seitdem gerubbelt, was das Zeug hält. Bislang eher mit mäßigem Erfolg. Leonard Bierl, Pressesprecher vom Zollkriminalamt in Köln, räumt ein: „An Schmuggler, die die Drogen zum Transport schlucken, kommen wir damit kaum heran.“ Immerhin hat er aber auch eine Erfolgsstory parat: Im Kölner Raum sei in einem Auto Heroin gefunden worden. Der Fahrer beteuerte, nicht mit dem Pulver in Berührung gekommen zu sein – bis das Drugwipe ihn überführte. Christoph Dowe