Grünen-Treffen wegen Geldmangels verlegt

■ Die Partei der Bündnisgrünen muß ihr Finanzloch stopfen. Kein Geld mehr für eigene Fachreferate. Höherer Mitgliedsbeitrag wird erwogen

Bonn (taz) – Die Finanzsituation bei der Partei der Bündnisgrünen hat dramatische Ausmaße angenommen. Aus Sparsamkeitsgründen mußte jetzt sogar ein für das kommende Wochenende geplantes zweitägiges Treffen des Länderrats in Erfurt dranglauben. Eine abgespeckte Veranstaltung wird am 27. Oktober in Kassel stattfinden. Durch solche Maßnahmen soll ein bis zum Jahresende zu erwartendes Defizit von fast 400.000 Mark bei einem Jahresetat von 6,2 Millionen Mark verhindert werden.

Vor drei Wochen hatte der Vorstand bereits eine Haushaltssperre beschlossen. Dabei kriecht die Partei ohnehin schon seit Jahren finanziell auf dem Zahnfleisch. Die Qualität der Arbeit leidet darunter. So gibt es etwa keine inhaltlichen Referate zu Bereichen wie Ökologie, Frieden oder Soziales. Sie wurden abgeschafft, um den Wahlkampf 1990 zu finanzieren, der den Wiedereintritt ins Bonner Parlament bringen sollte.

Die Partei leistet sich in der Bonner Zentrale lediglich 22 Mitarbeiter. Die FDP hat dagegen rund 60. Die besondere Sorge der Partei: Gegenüber der finanziell weitaus besser bedachten Bundestagsfraktion der Bündnisgrünen mit ihrer Mehrheit von Realo-Politikern, kann die schwach besetzte, mehrheitlich von Fundis besetzte Partei nicht genügend gegensteuern.

So schnell wie möglich wollen die Bündnisgrünen daher fünf Referate bilden. Fünf neue Leute müßten eingestellt werden. Doch woher das Geld nehmen? Durch Einsparungen bei Tagungskosten, überzogenen Überstunden, internen Gremiensitzungen und Bürokosten sollen weit über 100.000 Mark hereinkommen. Allein die Reisekosten zum Länderrat in Erfurt hätten etwa 60.000 Mark betragen.

Einen Sprung nach vorn könnte eine Anhebung der Mitgliedsbeiträge bringen. Statt bisher 14,50 Mark im Monat, egal ob Anstreicher oder Zahnarzt, sollen die Mitglieder künftig ein Prozent ihres Nettolohnes entrichten. Alternativen gibt es kaum.

Den Vorschlag der Landesschatzmeister, den Ökofonds und den interationalen Solifonds abzuschaffen, lehnt der Parteivorstand ab. In den Ökofonds, aus dem ökologische Projekte unterstützt werden, zahlen die Abgeordneten 750.000 Mark pro Jahr ein. Dieses Geld, so die Schatzmeister, könnte statt dessen in die Parteikasse fließen.

Für Zündstoff wird eine angedachte Anhebung der Gehälter der Parteimitarbeiter sorgen. Bisher erhalten sie etwa 3.500 Mark netto monatlich. Da verwundert es nicht, daß die Partei Schwierigkeiten hat, aus dem Kreis der wohlverdienenden Abgeordneten eine Kandidatin für die Nachfolge der scheidenden Parteisprecherin Krista Sager zu finden. Die Parteisprecherin geht nach Hamburg. Bleibt die Frage, ob die Mitglieder bereit sind, höhere Mitgliedsbeiträge zu zahlen, um höhere Gehälter zu finanzieren. Markus Franz