Ein Laib auf Rabatt

Rabattmarken sind wieder im Kommen, auf daß die Kunden wiederkommen  ■ Von Marion Kraske

Es gibt sie wieder: die guten alten Rabattmarken. Bis in die 60er Jahre hinein erlebten sie einen echten Boom – im Tante-Emma-Laden oder größeren Lebensmittelgeschäft waren die Marken begehrtes „Bonbon“ für langwährende Kundentreue. Heute sind die kleinen Rabattmarken samt Sammelheften wieder in. „Die alte Rabattmarkenkultur lebt auch im Alltagsgeschäft wieder auf“, bestätigt Edda Castello von der Rechtsberatung der Hamburger Verbraucherberatung die Versuche Hamburger Geschäftsleute, Kunden bei „der Stange zu halten“.

Schon beim morgendlichen Brötchenholen kann der Verbraucher seine erste Rabattaktion starten. Seit kurzem bietet die Hamburger Bäckerei Wulf im Eppendorfer Weg für neun gekaufte Schwarz- oder Graubrote ein Gratis-Brot nach freier Wahl. Bis dahin wandert für jeden gekauften Laib eine Wertmarke in ein Sammelheft. „Es geht vielen gar nicht um das Geld, aber etwas umsonst zu kriegen ist für viele supertoll“, beschreibt Verkäuferin Helga Schlolaut die Reaktionen ihrer Kunden. Bäckermeister Heinrich Wulf will sich damit von der „aggressiv werbenden Konkurrenz“ abheben: „Die Idee, die dahintersteckt, ist natürlich, die Kunden zum Wiederkommen zu bewegen“, erklärt er.

Einmal Kunde, immer Kunde – dieses hehre Ziel scheint aus Sicht vieler Geschäftsleute mit Rabattaktionen näherzurücken. Auch Unternehmensketten haben die Zeichen der Zeit erkannt und bauen auf die Sammelleidenschaft ihrer Kunden, darunter der Schuh- und Schlüsselschleifer „Mister Minit“. In vielen Filialen der bundesweiten Kette werden dem treuen „Rabattmarkensammler“ nach zehn besohlten Schuhen bei der elften Sohle drei Prozent des Preises erlassen – gerade so viel, wie nach dem geltenden Rabattgesetz erlaubt ist. Alles, was darüber hinaus geht, gilt als unlauterer Wettbewerb.

Auch Astrid Robbers, Geschäftsführerin der Hamburger Reinigungskette Kleenothek, sieht in Rabatten ein „gutes Kundenanbindungsinstrument“. Nach 15 Jahren gehört ihr Unternehmen zu den Daueranbietern von Rabattaktionen. Als sie die Maßnahme auslaufen lassen wollte, seien ihre „Kunden auf die Barrikaden gegangen“, erzählt sie.

Ganz so rosig wie Kunden und Geschäftswelt sieht Verbraucherberaterin Edda Castello die unscheinbaren Rabattmarken nicht. Ihre Kritik: Unterm Strich bieten sie für den Kunden keinen Gewinn. „Die Rabattmarken sind Ausdruck eines schärferen Wettbewerbs“, meint sie. Statt über bessere Leistung oder geringere Preise um den Kunden zu werben, seien die Unternehmen nur darauf aus, den Kunden an sich zu binden.

Dadurch werde die freie Kaufwahl der Kundschaft eingeschränkt, meint sie: „Irgendwann werden die Kunden den Rabatt über höhere Preise mitbezahlen müssen“.