Wiederkehr der Kuchenschlachten

Süllberg-Bebauung: Restaurant und Elbblick bleiben erhalten  ■ Von Heike Haarhoff

Ein moosbewachsener Treppenaufgang zum verlassenen Süllberg-Restaurant, verschrammte Holztische in chaotischer Anordnung im Erdgeschoß, Uralt-Teppichböden mit Krümeln, die an gediegene Blankeneser Kuchenschlachten von einst erinnern. Über allem der muffige Geruch des Leerstands. Dann aber, vom Windrosen-Saal im zweiten Stock, dieser grandiose Blick über die Elbe und die Insel Neßsand. Monika Lühmann von der Bürgerinitiative „Rettet den Süllberg“ wird feierlich: „In dieser Stunde“, erklärt sie vor der Presse, die sie in das Jahrhundertwende-Gebäude am Berghang von Blankenese geladen hat, „haben die Bürger ihren Kampf beendet“.

Nach fünfjährigem Streit um eine weitere Bebauung des Süllbergs mit Wohnungen sowie den (Nicht-)Erhalt des stillgelegten, traditionsreichen Ausfluglokals hat der Heidelberger Investor Roland Ernst sich – vermittelt durch den Hamburger Verleger und GALier Jo Müller – mit der BI an einen Tisch gesetzt. Das wundersame Ergebnis: Das 1994 geschlossene Süllberg-Restaurant bleibt samt Elb-Aussichtsterrassen, Turm, Kreuzdachhaus und Saalbau jetzt doch erhalten und soll bereits in zwei Jahren wieder eröffnet werden. Und zwar mit Galerie, exquisitem Speiselokal, Veranstaltungs- und Ballsaal. „Ideen für einen Betreiber“, hat Hans Barlach, Hamburger Galerist und Investoren-Vertreter, angeblich bereits. Bislang hatte Ernst stocksteif behauptet, ein Süllberg-Restaurant im großen Stil rentiere sich nicht.

Von den ursprünglich vier geplanten Mehrfamilienhäusern am Süllberg, die die Aussicht aus dem Restaurant verstellt hätten, sind drei niedriggeschossige übriggeblieben. Außerdem wird der Küchentrakt des Süllberg-Restaurants abgerissen und durch Wohnbebauung ersetzt. Insgesamt sollen rund 20 Wohnungen a 150 Quadratmeter und eine Tiefgarage mit 190 Stellplätzen entstehen. Bis 1998 werde Ernst knapp 30 Millionen Mark investieren.

„Dieses Ergebnis“, freute sich BI-Anwalt Wolf-Dieter Hauenschildt gestern, „ist ein Erfolg für die Bürger“. 26.000 Unterschriften hatte die überaus protestfreudige Blankeneser Bourgeoisie binnen kürzester Zeit gesammelt, um die ursprünglich geplante Bebauung zu verhindern. Doch Ernst blieb stur und verhandlungsunwillig. Die rot-grüne Koalition in Altona sah baurechtlich wenig Spielraum, den Süllberg-Eigentümer zu bremsen und versuchte statt dessen in ihrer Verzweiflung, den Schaden durch Aufstellung eines neuen Bebauungsplans zu begrenzen. Erfolglos. Ernst blieb bockig.

Erst als die Bürgerschaft mit Einmischung und Verzögerung der Bauplanung drohte, soll Ernst die „Einsicht“ gekommen sein, so Investoren-Vertreter Barlach, „daß man trotz Baurecht eben doch nicht alles durchsetzen kann, wenn der Protest vor Ort so groß ist“. Ein Ersatz-Grundstück oder sonstige „monetäre Entschädigung“ sei ihm zum Dank von der Stadt übrigens nicht angeboten worden.

Daß die ortsverträgliche Lösung allein dem Engagement der AnwohnerInnen, nicht aber ihrer gewählten Vertreter zu verdanken ist, wurmt letztere ziemlich. Dennoch wollte sich GAL-Fraktionschef Olaf Wuttke gestern „im nachhinein selbst bestätigt“ fühlen, „daß ein Kompromiß möglich ist“. Um dann fairerweise einzuräumen, daß „wir vielleicht etwas hartnäckiger hätten verhandeln können“.