Auf Du und Du mit der Gesundheit
: Bizelluläre Massen

■ Wie fit sind Sie? Machen Sie den Test!

Eigentlich hatte ich nur ein bißchen Kopfschmerzen. „Haben Sie denn auch genug gegessen?“, fragt der nette Diabetesberater am Blutzucker-Teststand im Bremer Congress Centrum beim „10. Deutschen Hausärztetag“. An neun Ständen – so hatten sich die Allgemeinmediziner gedacht – sollten testwütige Patienten so richtig auf Herz und Nieren durchgecheckt werden.

Bestürzt schaut Berater Theodor Klehe auf sein hochtechnologisches Testgerät: nur 73 Milligramm Blutzucker: „Bedenklich, bedenklich“, sagt Klehe und schaut mich sorgenvoll an. „Aber das Mandelhörnchen“, flüstere ich bestürzt. Doch Klehe bleibt hart:„Wenden Sie sich an Professor xy bei der Klinik xy. Das ist irgendwie nicht normal.“

Der nächste erschreckende Befund trifft mich bei „Iga Optic. Kopp. Der Brillenmacher“. „Was ist denn da links los?“ fragt mich eine strenge Stimme. Links? Mein Kopf steckt zwischen harten Plasikteilen in einem Lasergerät – beide Augen sind an zwei kleine Löcher gepreßt. Nervige gelbe Lichtpünktchen schwirren über das Sehfeld, auf dem schwarze Buchstaben flimmern. Der Computer spuckt schließlich sekundenspäter das niederschmetternde Testergebnis aus: „Diese objektive Computermessung hat ergeben: Right Eye: SPPH +0.25, Cyl: -0.25 und Left Eye: SPH: -0,75 und CYL: -0,75.“ Auf deutsch: Kurzsichtigkeit. Wie schlimm es denn um mich bestellt sei – will ich vom Sehexperten wissen: Als Antwort bekomme ich eine bunte Brillenbroschüre in die Hand gedrückt: „Minus ist immer kurzsichtig“ weiß der verkaufslüsterne Mann und sagt: „Kommen Sie doch mal bei uns vorbei.“

Mit leichtem Schwindel (den hatte mir Zuckermensch Klehe bereits vorausgesagt) und verschwommenem Blick erreiche ich den Stand der „Deutschen Gesellschaft für gesundes Leben“ – „Ernährungsberatung“ steht da auf einem Plakat zu lesen. Assistentin Koncita Lenka bittet mich mit radebrechendem Deutsch auf die Liege – den computertechnischen Folterstuhl. Eine Sekunde später hänge ich an vier Elektroden, die kalt an meinen Gelenken kleben. Der Computer wurde derweil mit Daten zu Alter, Köpergröße, Name und Gewicht gefüttert. Assistentin Koncita Lenka zieht das „Protokoll der Erstmessung“ aus dem Drucker. Mein Körper ist dort in Werte, relative Optima, Liter, Kilogramm und Reaktanzen eingeteilt. „Ihre bizelluläre Zellmasse beträgt 24,6 Kilogramm (BCM). Ihre BCM liegt innerhalb des Optimums. Fördern Sie die Funktion Ihrer Zellen durch hochwertige Ernährung und körperliche Aktivität.“ Fett, -Körper,- und Magermasse: Alles liegt im „relativen Optimum“. Die Assistentin stößt Freudenrufe aus: „Oh, das ist gut, das ist toll, das ist optimal. Sehen Sie, schauen Sie. Das verstehen Sie“. Koncita Lenka schickt mich mit umfangreichem Zahlenmaterial nach Hause: „Die Ernährungsberaterin ist leider erst morgen wieder da.“

Daß die „inspiratorische Vitalkapazität“ meiner Lunge und mein „Picflow“ anlaß zum „Verdacht auf leichte Restriktion“ geben, findet schließlich das „VIT-Modul“ in der Lungenfunktions-Diagnostik heraus. Doch man glaubt mir nicht: „Da haben sie einfach nicht richtig mitgearbeitet“, läßt mich der Diagnostiktechniker wissen und zeigt auf meine schlappe Computerkurve. Dabei hatte ich doch wie ein Elch in den ekligen Plastikschlauch geröhrt. Verstört rufe ich den jungen Mann am Informationsstand zur Hilfe: Die Befunde, so sein Rat, „können Sie sammeln und an ihren Hausarzt schicken,“ und überreicht mir einen großen weißen Umschlag: „Der Besuch zeigt, daß Sie eine aktive und verantwortungsbewußte Einstellung zu Ihrem Körper haben. Unser Rat: Legen Sie Ihrem Hausarzt die Testergebnisse vor: Er wird Ihnen gerne ausführliche Erläuterungen geben.“Die Gesundheitstests finden am Samstag im Bremer Congress Centrum statt. kat