Verpackt mit extra viel Tod und Neurosen

■ Die schwarzhumorige Diva Diamanda Galas auf Seelenreise in der Fabrik

Das Leiden hat kein Ende. Seit Wochen kündigt er sich an, der geliebte Hochleistungs-Schrecken der Diamanda Galas und läßt wohlig vor Plakaten frieren. Da blickt sie auf uns, die schwarze Diva, das ausgezehrte Gesicht, bereit zum Wahnsinn. Hier ist euer Zuhause, ihr in die Jahre gekommenen existentialistischen Ästheten, die ihr euch immer noch an bürgerschreckenden Inhalten festklammert. Die gibt euch Galas, die nach ihrem schwarzhumorigen Ausflug in die leichte Muse wieder die Tiefe der Welt jenseits des Lachens erforscht. Seit ihrer ersten Arbeit im Jahre 1980 für die Oper Un Jour Comme Une Autre ist Galas die Stimme für die Gefolterten, Sterbenden – Frauen – dieser Welt. Doch lieber spricht die Künstlerin über ihre eigene Seelenreise. „Ich habe mich viel mit Furcht beschäftigt“, sagt sie, „es geht mir um eine Energie, die mich über die Angst hinausbringt. Diese Energie ist es, die schockiert. Vielleicht ist es auch, daß eine Frau diese Energie hat. Ich komme nicht auf die Bühne, um die Leute zu Tode zu ängstigen. Ich will nur so präsent wie möglich sein, konzentriere mich auf meinen Job.“

Diamanda Galas ist kein Monster. Auch in ihrer Welt kommt Unterhaltung vor. Und dann wird es spannend.

„Es ist gut, Leute im Kontext von Unterhaltung mit Inhalten zu konfrontieren, die sie nicht erwarten“, sagt sie mit einem boshaften Lachen. „Das ist weniger vorhersehbar, als wenn ein Künstler nur in Galerien und Theatern auftritt – eine Sicherheit, die ich unerträglich finde. Ein Performer sollte Risiken auf sich nehmen.“

In den USA hat die Künstlerin vor zwei Jahren ein halbstündiges Tonband mit purer Stimme in völlig verdunkelten Theatern aufgeführt. Parallel zu dem Stück, das den fortschreitenden Wahnsinn einer vergewaltigten Frau zum Thema hat, beobachtet sie das Publikum. Das ist Diamanda Galas: Ein voranschreitendes Experiment mit Menschen, ein misanthropisches Sprengen von Kontexten. Das „Schrei 27“ betitelte Werk findet sich auf ihrem neuesten Tonträger, mit anderen Neurosen und extra viel Tod verpackt. Dagegen führt sie in Hamburg vergleichsweise leichte Muse auf: Das Malediction & Prayer betitelte Programm bietet ein Potpourri aus eigenen Kompositionen und Stücken von Frank Sinatra, Johnny Cash und den Supremes. Das klingt fast beschwingt, nur muß das Material vorher durch die Wahrnehmung und den Mund von Diamanda Galas. Holger in't Veld

Di, 24. September, Fabrik, 21 Uhr