Ödes Getöse

■ Die Neuköllner Feuerwehr ist nicht Backdraft. Der Pilotfilm zur Serie "Alarmcode 112" auch nicht (19.25 Uhr, ZDF)

Feuerwehrleute haben einen Scheißjob. Wie die Sozialarbeiter sind sie zuständig für Katastrophen jeder Art. Sie werden gerufen, wenn einer eine vermoderte Leiche gefunden hat; müssen die Reste von dem beseitigen, was übrigbleibt, wenn einer seinen Gashahn zu weit aufgedreht hat. Sie helfen hilflosen Katzen und halten Selbstmörder vom Springen ab. Ganz zu schweigen von den großen Bränden, bei denen man – wie der Oberfeuerwachtmeister der Serie das formuliert – „das Feuer schon lieben muß, um es bekämpfen zu können“!

Komisch eigentlich, daß das Fernsehen nicht schon viel eher auf die Idee gekommen ist, dem turbulenten Alltag des Feuerwehrmannes ein Denkmal zu setzen. Die Antwort kommt gleich heute abend im Pilotfilm der neuen ZDF-Serie „Alarmcode 112“: Die Feuerwehr ist nämlich kein bißchen telegen! Der Vorspann ist immerhin schon mal dramatisch, wenn auch die Backdraftsche Ästhetik des Feuers ganz schön dick aufgetragen wurde: mannshohe Flammen und dichter Qualm versperren dem Zuschauer zunächst einmal die Sicht.

Mittlere Dramen am Rande der Flammen

Doch mit vorbildlichem Teamgeist und in voller Montur stürzen sich da vier junge Feuerwehrmänner – die Freunde Lukas, Konrad, Jan- Peter und Dennis – hinein ins Getöse und löschen. Im Anschluß an diese Szene wird gleich klar, das war ja gar kein Einsatz, sondern nur die Brandmeisterprüfung. Nun erst kann es richtig losgehen, mit dem Löschdienst bei der Neuköllner Feuerwache 51.

Mit diesem Part hat es sich dann auch schon in puncto Action für die nächsten 85 Minuten. Einen großen Brand wird es am Ende noch geben, soviel sei schon mal verraten. Doch die meisten Dramen spielen sich dann eher im Privatleben der Freunde ab. Dabei geht's um Probleme, die junge Leute zwischen 20 und 30 nun einmal so haben. Denn die Regisseure haben sich nicht nur vorgenommen, den aufregenden Alltag der Feuerwehrmänner realitätsnah wiederzugeben.

„Wann bringt sich endlich einer um?“

Auch will sich das ZDF damit einer Verjüngungskur unterziehen, wie Klaus Bassinger, der Leiter der Hauptredaktion für Reihen und Vorabendserien, formuliert.

Unter den Helden von der Wache geht es also nicht gerade zu wie bei Jakob und Adele: Gleich zu Beginn auf einem Grillfest vögelt der Konrad mit Steffi, die eigentlich die Verlobte von Lukas ist. Woraufhin Lukas dem Konrad natürlich die Fresse poliert und Konrads Freundin Iris nebenbei ihre Nerven verliert. Und weil Konrad ohnehin ein Filou ist und die Finger nicht von anderen Frauen lassen kann, schmeißt Iris ihn am Ende total dramatisch aus ihrer Wohnung.

Der Feuerwehralltag selbst, das sieht man hier recht anschaulich, kann ganz schön öde sein. „Wann brennt es denn nun endlich, oder wann bringt sich einer um“, fragt sich der Zuschauer und fühlt sich wie der junge Feuerwehrmann von der Wache Prenzlauer Berg, der in der ZDF-Dokumentation über die „Wache 1300“ von Steffen Seibert zu Wort kommt (Sendetermin: 3. Oktober, ZDF, 18.10 Uhr). „Det schlimmste ist, wenn einem die Decke auf den Kopf fällt und nüscht passiert. Da giert man schon richtig drauf, daß sich irgend so ein armer Wicht da draußen was antut!“

Die Schauspieler, die übrigens im Vorfeld der Serie in wochenlangem Training bei der Neuköllner Feuerwache löschen üben mußten, sahen das ganz ähnlich. Konrad (Bernhard Bettermann) hoffte nämlich auch stets, daß er bei seinen Übungseinsätzen „ein bißchen was zu sehen kriegt“, aber bitte schön „bloß nicht zuviel“. Für Lukas (Thomas Balou Martin) ist bei den Vorbereitungen zur Serie direkt „ein Kindheitstraum wahr geworden“; Dennis (Ingo Hülsmann) denkt heute noch gerne an seine „spannenden“ Einsätze zurück, die einfach „knallhart am Leben sind“.

Wie wär's denn mal mit einer Friseurserie

Wie wäre es denn mal mit einer Friseurserie? Die hatten wir noch nicht und die Dramatik eines versauten Haarschnitts ließe sich doch mindestens ebenso nett in Bilder umsetzen. Kirsten Niemann